07.06.2022 Druckversion

ALBA-Gipfel in Kuba: Vereint gegen Washington

Breite Kritik lateinamerikanischer und karibischer Staaten an den USA, bestimmte Länder der Region nicht zum Amerika-Gipfel einzuladen. Das Treffen setzte ein klares Signal, die regionale Integration voranzutreiben.
Beim ALBA-Gipfel in Havanna vereinbarten die Staaten Lateinamerikas und der Karibik eine stärkere Integration und Zusammenarbeit ihrer Länder. Foto: Granma.cu
Beim ALBA-Gipfel in Havanna vereinbarten die Staaten Lateinamerikas und der Karibik eine stärkere Integration und Zusammenarbeit ihrer Länder. Foto: Granma.cu

Die Regierungen von zehn lateinamerikanischen Ländern haben sich in Havanna dafür ausgesprochen, den Charakter der zwischenstaatlichen Beziehungen in der Region zu verändern. Eine Politik der Unterordnung vieler unter das Mandat eines einzelnen Landes – so mächtig es auch sein möge – sei überholt und inakzeptabel, hieß es in der Abschlusserklärung des 21. Gipfeltreffens des Regionalbündnisses ALBA-TCP (Bolivarische Allianz für die Völker unseres Amerika – Handelsvertrag der Völker).

Der einseitige Hegemonieanspruch der USA müsse durch Beziehungen auf Grundlage des gegenseitigen Respekts, der Gleichheit, der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten, Verzicht auf Androhung von Gewalt und Sanktionen, der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten und der Selbstbestimmung der Völker ersetzt werden, forderten die Staats- und Regierungschefs. Anlass des ALBA-Treffens war die Ankündigung der US-Regierung, Kuba, Nicaragua und Venezuela vom 9. Amerika-Gipfel auszuschließen, der vom 6. bis 10. Juni in Los Angeles stattfinden soll.

Angesichts von Pandemie, Nahrungsmittelknappheit, Inflation, Preissteigerungen und Umweltzerstörung seien Integration und Zusammenarbeit eine Voraussetzung, um die Menschen in der Region vor weiterer Verarmung und zunehmender sozialer Ungleichheit zu schützen, erklärten die Teilnehmer.

Die von Washington aus imperialen Interessen nach dem Motto »spalte und herrsche« betriebene Ausgrenzung und Diskriminierung unliebsamer Regierungen schwäche dagegen die lateinamerikanischen Völker. In seiner Eröffnungsrede betonte Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel, die Probleme der regionalen und weltweiten Lage erforderten Dialog zwischen den Nationen statt Konfrontation und Respekt statt Dominanz einzelner. Er kündigte an, die regionale Integration voranzutreiben, und »zwar nicht als bloßes Schlagwort, sondern als historische Notwendigkeit«. Vereint werde es niemandem gelingen, »uns zum Schweigen zu bringen, so wie es auch niemandem gelungen ist, die Zusammenarbeit und Solidarität zu brechen, die es Ländern mit weniger Ressourcen ermöglichen, die aktuellen Herausforderungen unserer Zeit zu bestehen«, sagte er mit Verweis auf die Erfolge Kubas beim Kampf gegen die Ausbreitung der Covid-19-Pandemie.

»Wir teilen auch den Standpunkt von führenden Politikern der Region, die nachdrücklich gefordert haben, dass alle Länder gleichberechtigt in Los Angeles teilnehmen sollten«, erklärte Díaz-Canel. Da die US-Regierung sich jedoch weiterhin anmaße, Zensuren zu erteilen, sich als Schiedsrichterin der Demokratie aufspiele und das panamerikanische System als Instrument der Vorherrschaft benutze, werde sein Land »auf keinen Fall an dem von Washington einberufenen Gipfel teilnehmen«, erklärte der kubanische Staatschef.

Auch der Präsident von Bolivien, Luis Arce, und der Premierminister von St. Vincent und den Grenadinen, Ralph Gonsalves, erklärten in Havanna kategorisch, dass sie nicht an dem Treffen in den USA teilnehmen würden. Der Premierminister von Dominica, Roosevelt Skerrit, wies darauf hin, dass es inakzeptabel sei, dass Washington darüber entscheide, wer Demokrat ist und teilnehmen darf.

Nicholas Steele, der Minister für Gesundheit und soziale Sicherheit von Grenada erinnerte daran, dass die Pandemie die Kooperation und den Fortschritt gebremst hat. Aus diesem Grund, »ist es in diesem historischen Moment inakzeptabel, anderen Kräften zu erlauben, uns als Region zu spalten«, betonte er.

Die Staats- und Regierungschefs vereinbarten angesichts der weltweiten Spannungen, ALBA-TCP als Integrationsmechanismus für die Förderung von Kooperationsprojekten weiterzuentwickeln. Das soll zu einem unabhängigeren und souveräneren Lateinamerika und der Karibik beitragen und auf Multilateralismus, Solidarität und soziale Gerechtigkeit zielen.

Im Gegensatz zu dem von Washington ausgerichteten Treffen in Los Angeles habe ALBA-TCP das Potential, Einheit, Dialog und Zusammenarbeit angesichts der Probleme in der Region zu stärken. »Dies sind Zeiten, in denen es gilt, sich zu vereinen und nicht zu spalten«, fasste Díaz-Canel die Botschaft des ALBA-Gipfels zusammen.

Volker Hermsdorf, junge Welt, 30. Mai 2022

Veröffentlicht in Kubanische Regierung | Tags: ALBA, Lateinamerika, Völkerverständigung