Freiheit für die Cuban 5!
Am 10. Dezember 1948 wurde in der Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verlesen. Jedes Jahr zum Internationalen Tag der Menschenrechte wird die Menschenrechtssituation weltweit verstärkt kritisch hinterfragt und von zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen begleitet.
Auch Cuba Sí und das Netzwerk Cuba, der Dachverband der deutschen Kubasolidaritätsorganisationen, machen in diesem Zusammenhang auf den skandalösen Fall der Cuban 5 aufmerksam, einen Fall, der in hiesigen Medien totgeschwiegen wird.
Zur Geschichte der Cuban 5
Fünf Kubaner wurden 1998 in Florida festgenommen, weil sie seit den frühen 1990er Jahren vor Ort antikubanische und konterrevolutionäre Organisationen ausgekundschaftet hatten. Ihr Ziel war es zu verhindern, dass diese Gruppen ihre gewalttätigen Aktionen gegen Kuba (z.B. Bombenanschläge) fortsetzen würden.
Alle in diesem Zusammenhang gesammelten Dokumente und Informationen über geplante gegen Kuba und sein Volk gerichtete Sabotageakte und Gewaltverbrechen wurden seitens der kubanischen Regierung an die zuständige US-Behörde FBI weitergegeben. Darunter waren Sprengstoffsubstanzen, die von Bomben stammten, die in einem Hotel und einem Touristenbus entdeckt worden waren, Mitschnitte von Luis Posada Carriles’ Telefonaten, die Informationen über Terroranschläge in Kuba enthielten, und anderes eindeutiges Beweismaterial. Das FBI zeigte sich zwar beeindruckt und versprach Ermittlungen gegen die Terrormafia. Anstatt jedoch den exilkubanischen Gruppen das Handwerk zu legen, wurden die Informanten ausfindig gemacht, inhaftiert und in Miami vor Gericht gestellt.
Kurz nach der Festnahme erklärte der US-Staatsanwalt auf einer Pressekonferenz im Hauptquartier des FBI: „Dieser Spionagering wurde von der kubanischen Regierung geschickt, um unser nationales Sicherheitssystem, ja, unseren demokratischen Rechtsablauf mitten ins Herz zu treffen.“ Zynischer kann man sich auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kaum berufen.
Die fünf Kubaner, die sich unbewaffnet und ohne jeden Kontakt zu internationalen Terrornetzwerken in die exilkubanischen Gruppen eingeschlichen hatten, um deren Aktivitäten gegen Kuba zu entlarven und zu unterbinden, werden von den US-amerikanischen Gerichten zu Terroristen erklärt. Gemeinhin gelten jedoch gerade die Aktivitäten, die die Fünf verhindern wollten, als Terror: Attentate, Sprengstoffanschläge, Eindringen in fremden Luftraum.
Fragwürdiges Gerichtsverfahren
Niemand hätte etwas einwenden können gegen eine Anklage wegen unerlaubter Undercover-Aktivitäten. Aber auch bei weitestgehender Auslegung erlaubt das Strafgesetzbuch schwerlich eine Anklage und spätere Verurteilung wegen „Verschwörung zu Spionage und Mord“. Die Angeklagten hatten ja mit ihrer „Spionage“ schwerste Verstöße gegen das Völkerrecht, die private Gruppen vom US-Territorium aus regelmäßig begingen, verhindern wollen. Sie hatten nie das staatliche Sicherheitssystem der USA selbst im Blick und hatten keinerlei Informationen darüber weitergeleitet.
Zudem kann eine Spionagetätigkeit gegen die USA, wie sie ihnen von Anklage und Gericht vorgeworfen wurde, nur dann konstruiert werden, wenn man unterstellt, dass die US-Behörden jene illegalen antikubanischen Aktivitäten aktiv unterstützten und sich zu eigen machten. Dafür spricht vieles, denn die US-Behörden hatten Kenntnis von den völkerrechtswidrigen Aktivitäten und haben nichts gegen sie unternommen.
Amnesty International kritisierte unfairen Prozess
In einem unfairen, u.a. von Amnesty International und der „Arbeitsgruppe gegen willkürliche Haft“ der UN-Menschenrechtskommission in Genf kritisierten Prozess, der menschenrechtliche Mindeststandards verletzte, wurden die 5 zu lebenslänglichen bzw. extrem langen Haftstrafen verurteilt. Das Gericht tagte in Miami, Hochburg der Exilkubaner und ein wegen seiner notorisch antikubanischen Atmosphäre vollkommen ungeeigneter Ort für ein faires Gerichtsverfahren.
Nach der Verhaftung waren die Gefangenen 17 Monate in Isolationshaft gehalten worden, der Kontakt zu ihren Anwälten und der Zugang zu Beweismitteln war dadurch stark eingeschränkt – ein schwerer Verstoß gegen die Habeas-Corpus-Rechte der Angeklagten. Zudem hatte das Gericht alle von den Verhafteten gesammelten Dokumente und Materialien sowie andere Beweismittel nach dem Classified Information Procedures Act (CIPA) als geheim eingestuft und damit dem Zugang durch die Anwälte entzogen. Es herrschte ein Klima der Voreingenommenheit und Vorverurteilung gegen die Angeklagten, das keinen fairen Prozess im Sinne des Artikels 14 des Internationalen Paktes über die bürgerlichen und politischen Rechte zuließ. Inzwischen ist auch erwiesen, was schon immer vermutet wurde: Die meisten Journalisten, die über den Prozess berichteten, standen auf der Gehaltsliste der Regierung.
Das Urteil lautete auf dreimal lebenslang, einmal 19 und einmal 15 Jahre Gefängnis. Bislang konnten lediglich zwei von ihnen nach ihrer langen und schwierigen Gefängniszeit in den USA nach Kuba zurückkehren.
Freiheit für die Cuban 5!
Die Cuban 5 werden in Kuba als Helden gefeiert, in den USA gelten sie als Terroristen.
Die Befreiung der noch inhaftierten 3 Kubaner aus der jahrzehntelangen Haft haben sich die kubanische Regierung und die internationale Solibewegung zu einer ihrer zentralen Aufgaben gemacht. Sie wäre einer der wichtigsten Schritte zur Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Kuba. Denn: Alle juristischen Möglichkeiten sind erschöpft, die grundsätzliche Legitimation des Prozesses kann nicht mehr wirksam vor Gericht angegriffen werden.
Deshalb gilt es umso mehr, auf den unerhörten Fall der Cuban 5 aufmerksam zu machen. International haben sich hunderte Solidaritätskomitees gegründet, die im Rahmen von Aktionen und Kundgebungen über den Fall informieren und die Freilassung der noch inhaftierten 3 Kubaner fordern. Zu den UnterstützerInnen ihrer Freilassung gehören Nobelpreisträger wie Adolfo Pérez Esquivel (Argentinien), Nadine Gordimer (Südafrika), José Saramago (Portugal), Günter Grass (Deutschland) und Noam Chomsky (USA), Mikis Theodorakis (Griechenland) und die US-amerikanische Schriftstellerin Angela Davis.
Wer mehr über den Fall lesen will, findet hier Informationen.
Teile dieses Textes wurden einem Artikel von Norman Paech entnommen, der in der Ausgabe des Ossietzky 10/2012 erschien.