05.12.2013 Druckversion

Härtere Gangart gegen Kuba befürchtet

Gefährdet die Blockade der USA gegen Kuba das Abkommen zwischen beiden Ländern über die gegenseitigen diplomatischen Interessenvertretungen? Hintergründe und Überlegungen zu einem aktuellen Fall.
Die Interessenvertretung Kubas in Washington D.C.
Die Interessenvertretung Kubas in Washington D.C. (Foto Wikipedia)

Am 26. November meldeten die kubanischen Medien, Kuba habe seine konsularischen Dienste in der Interessenvertretung in Washington D.C. eingestellt. Was war passiert?

Bereits am 12. Juli 2013 informierte die US-ameikanische Bank M&T, dass sie die Zusammenarbeit mit der diplomatischen Vertretung Kubas in den USA und der Ständigen Mission Kubas bei den Vereinten Nationen ­beendet und eine Übergangsfrist einräumt, damit Kuba ein neues Geldinstitut suchen kann. Es folgten zahlreiche Gespräche der kubanischen Diplomaten mit dem Außenministerium und verschiedenen Banken der USA. Aber aufgrund der Blockadegesetze erklärte sich keine US-amerikanische Bank und auch keine auslän­dische Bank mit Sitz in den Vereinigten Staaten bereit, die Bankgeschäfte im Zusammenhang mit der konsularischen Arbeit Kubas abzuwickeln sowie die dafür notwendigen Konten einzurichten.

Aus diesen Gründen musste die Interessenvertretung der Republik Kuba in den USA am 26. November 2013 bis auf weiteres seine konsularische Arbeit aussetzen – das betrifft Pass- und Visa­ange­legenheiten, die Beglaubigung von Doku­men­ten, Familienbesuche, Bildungs- und Kultur­reisen, Sportdelegationen und den akademische Austausch. Lediglich humanitäre Ange­legenheiten würden erledigt. „Die Interessenvertretung bedauert, diesen Schritt unter­nehmen zu müssen, insbesondere die Beeinträchtigungen, die diese Situation für Kubaner und US-Bürger verursachen wird“. Soweit die offizielle Information Kubas.

Das Beenden der Bankkontakte für eine diplomatische Vertretung ist ein skandalöser Vorgang, eine Missachtung internationalen Rechts und diplomatischer Gepflogenheiten. Die USA sind rechtlich verpflichtet, die geltenden Vereinbarungen für die Arbeit aus­län­discher diplomatischer Missionen und Konsulate einzuhalten, so z. B. das Wiener Abkommen über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 und das Abkommen über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963. Auch im Abkommen Kubas und der USA über die Ein­richtung gegenseitiger Interessenvertretungen vom 30. Mai 1977 haben beide Länder ihre Anerkennung international geltender Konventionen zu diploma­ti­schen Missionen und Konsulaten bekräftigt.

Egal, was in der Welt passiert, und egal, was Kuba tut oder lässt, seit mehr als einem halben Jahrhundert halten die USA unbeirrt an ihrer aggressiven Politik gegen die sozialistisch regierte Insel fest. Schon 1960 ­formulierte Lester D. Mallory, Mitarbeiter im US-Außenministerium, das außenpolitische Ziel der USA gegenüber Kuba folgendermaßen: „Kuba müssen Geld und Lieferung verweigert werden, damit die Reallöhne sinken mit dem Ziel, Hunger, Verzweiflung und den Sturz der Regierung hervorzurufen.“

Ein Mittel, die revolutionäre Regierung in Havanna zu stürzen, ist die bis heute andauernde Blockade der USA gegenüber Kuba, die mit dem Torricelli-Gesetz (1992) und dem Helms-Burton-Gesetz (1996) auch auf Drittstaaten ausgeweitet wurde. So mussten z. B. die Schweizer Großbank UBS: 100 Mio. US-Dollar Strafe (2004) zahlen, das Schweizer Bankhaus Credit Suisse 536 Mio. US-Dollar (2009), die Niederländische ING-Bank 619 Mio. US-Dollar (2012) und die italienische Bank Intesa Sanpaolo 1,8 Mio. US-Dollar (2013). Der Vorwurf lautete jeweils: wirtschaftliche Kontakte zu Kuba.

Wenn nun die M&T-Bank, die mit einer notwendigen offiziellen Genehmigung der USA die Geldangelegenheiten der diplomatischen Vertretung Kubas in Washington betreut, die Zusammenarbeit mit der Interessen­vertretung Kubas kündigt, liegt die Vermutung nahe, dass dies keine kommerzielle, sondern eine politische Entscheidung war. Eine Entscheidung, die M&T möglicherweise nicht allein getroffen hat. Und wenn nach dieser Entscheidung keine andere Bank diese Dienste übernehmen wollte, könnte dies ­einerseits an der fehlenden Genehmigung der USA für Geschäfte mit Kuba liegen, andererseits aber auch an drohenden Strafzahlungen, wie die Beispiele belegen.

Durch den aktuellen – offenbar durch die Regierung der USA provozierten – Fall könnten die existierenden minimalen diplomatischen Verbindungen der beiden Länder in Gefahr geraten. Wenn die USA die Beendigung des kunsularischen Dienstes der kubanischen Interessenvertretung in Washington zum Anlass nähmen, im ­Gegenzug auch ihren konsularischen Dienst in Havanna einzustellen, könnte dies ein erneutes Ende der diplomatischen Beziehungen bedeuten. (Am 3. Januar 1961 brachen die USA die diplomatischen Beziehungen zu Kuba ab und schlossen ihre Botschaft in Havanna. Es dauerte damals 16 Jahre, bis in der Amtszeit von US-Präsident Carter vorsichtige Schritte der diplomatischen Annäherung gegangen wurden. Am 1. September 1977 eröffneten Kuba und die USA Interessenbüros als diplomatische Vertretungen in ihren Hauptstädten.)

Der aktuelle Vorfall lässt befürchten, dass die USA in ihren Beziehungen zu Kuba wieder eine härtere Gangart anschlagen könnten – trotz gegenteiliger Ankündigungen von US-Präsident Obama zu Beginn seiner Amtszeit.

Viele Politpropheten hatten 1989/1990 dem sozialistischen Kuba ein baldiges Ende vorausgesagt. Aber ­Kuba hat die schwere Zeit der Spezialperiode überstanden und die einseitigen ökonomischen Abhängigkeiten der Vergangenheit überwunden. Kuba hat zudem die internationale politische Isolierung durchbrochen. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), aus der Kuba 1962 auf Initiative der USA ausgeschlossen wurde, hat 2009 – gegen den Willen der USA – angeboten, Kuba wieder als Mitglied aufzunehmen. Kuba nimmt heute in der lateinamerikanischen Völkerfamilie einen geachteten Platz ein und ist gleichberechtigtes Mitglied in den Organisationen, die im Bolivarischen Prozess entstanden sind. 2004 gründete Kuba gemeinsam mit Venezuela das solidarische ALBA-Bündnis. Für das Jahr 2013 hat Kuba den Vorsitz in der 2011 gegründeten Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten (CELAC) übernommen. Kuba ist gewähltes Mitglied im UN-Menschenrechtsrat und hatte in diesem Jahr bei der Abstimmung über die US-Blockade in der UNO 188 Staaten auf seiner Seite.

Diese Tatsachen, aber auch US-interne Einschätzungen zeigen, dass die Blockadepolitik der USA gegen ­Kuba gescheitert ist. 2009 hatte z. B. der republikanische Senator Richard Lugar in einem Bericht eingeräumt, dass sein Land mit der Blockade gegenüber Kuba nicht die gewünschten Ziele erreicht hat, weder die Niederschlagung der kubanischen Revolution, noch die Wiederherstellung des Status quo für ehemaliges US-Kapital auf Kuba. Die Blockade habe sogar dazu beigetragen, Kuba zum Symbol für den Befreiungskampf gegen den Imperialismus in ganz Lateinamerika werden zu lassen. Außerdem sei durch die Blockadepolitik die Einheit des kubanischen Volkes gestärkt worden. Die Blockadepolitik könne, so Richard Lugar, durch „Gesten des ­guten Willens“ ersetzt werden, um die kubanische Regierung in die Richtung eines sanften Regimechanges zu bewegen.

Die USA setzen trotzdem weiterhin auf die Methoden des Kalten Krieges. Sie wollen Kuba politisch und ökonomisch in die Knie zwingen. Sie versuchen außerdem, die Partner Kubas einzuschüchtern sowie die für Kuba so wichtige lateinamerikanische Integration zu stören.

Im aktuellen Fall sollen offenbar die für Kuba wichtigen Devisenquellen Tourismus sowie Geldüber­weisungen aus dem Ausland (Remesas) abgegraben werden. Die Tourismusbehörde der USA spricht immerhin von rund 350 000 US-Bürgern mit kubanischen Wurzeln, die jedes Jahr auf die Insel reisen. In diesem Zusammenhang muss auch an die gewalttätigen Aktionen antikubanischer Organisationen in den USA gegen den boomenden Kubatourismus erinnert werden, so z. B. an die Bombenanschläge in touristischen Einrichtungen in Havanna (1997) oder an den Brandangriff auf Büros einer Fluggesellschaft in Florida, die Reisen nach Kuba verkaufte (2012). Nun hat man eine neue Methode ausgeheckt – das Ziel aber bleibt dasselbe.

Cuba Sí fordert die USA auf, die internationalen Verträge einzuhalten und der kubanischen Interessenvertretung in Washington D.C. die Möglichkeiten des Bankverkehrs wieder einzuräumen.

Cuba Sí fordert die USA auf, die Blockade gegen Kuba aufzuheben.

AG Cuba Sí, 4. Dezember 2013 

Veröffentlicht in Rund um Kuba | Tags: Blockade, Menschenrechte, Solidarität, Terrorismus