Botschafter der Solidarität
An unserem Infostand auf der Buchmesse werden wir manchmal gefragt, warum Cuba Sí und weitere Vertreter der Solibewegung zur Buchmesse nach Havanna fahren. Ein kurzer Rückblick gibt die Antwort: Ende August 2003 hatte die rot-grüne Bundesregierung ihre offizielle Teilnahme an der 13. Internationalen Buchmesse in Havanna 2004 abgesagt. Ursprünglich war zwischen beiden Ländern vereinbart worden, Deutschland als Ehrengastland einzuladen und seine Kultur, insbesondere die Literatur, auf dieser Messe vorzustellen. Die Bundesrepublik begründetete die Absage mit „Menschenrechtsverletzungen in Kuba“. Auch das unterschriftsreife Kulturabkommen zwischen Kuba und Deutschland wurde damit von der Schröder-Fischer-Koalition auf Eis gelegt – und ist bis heute nicht abgeschlossen worden.
Auf Initiative von Cuba Sí gründete sich Anfang September 2003 beim Netzwerk Cuba e.V. das „Berliner Büro Buchmesse Havanna“ (BBB). Ziel dieser Initiative war, deutschen Verlagen, Autoren und Künstlern trotz des Boykotts eine Teilnahme an der Buchmesse zu ermöglichen. Neben Cuba Sí wurde die Initiative im Wesentlichen getragen vom Verlag 8. Mai und der Tageszeitung „junge welt“ sowie von Einzelpersönlichkeiten wie dem Chef der Eulenspiegel-Verlagsgruppe, Matthias Oehme, und dem Pressesprecher der Niedersächsischen Landesbibliotheken, Rolf Manfred Hasse. Alle Beteiligten teilten die Überzeugung, dass Kultur eben nicht der Besitz einer einzelnen Regierung ist.
Unsere gemeinsame Initiative hat diese Kulturblockade gebrochen. Bis 2007 konnten im Rahmen des BBB jeweils rund 50 Verlage aus dem deutschsprachigen Raum ihre Publikationen präsentieren. Die mitgebrachten Bücher haben wir den Bibliotheken und Bildungseinrichtungen als Spende übergeben. Deutschland nimmt seit 2008 wieder offiziell an der Buchmesse in Havanna teil.
Ab dem Jahr 2009 richtet Cuba Sí zusammen mit ACPA eine gemeinsame Präsenz aus. (siehe auch Bericht vom 20. Februar)
Um an diesen erfolgreichen Kampf gegen den Kulturboykott der deutschen Regierung zu erinnern, hat das Kubanische Institut für Völkerfreundschaft (ICAP) Vertreter der Solibewegung zu einer kleinen Feierstunde eingeladen. Elio Gómez, Vizepräsident des ICAP, bedankte sich bei den „Botschaftern der Solidarität“ aus Deutschland für diese Initiative und betonte, dass „diese solidarische Aktion unvergessen bleiben“ wird. Harri Grünberg, Vorsitzender der Netzwerk Cuba e.V., sagte, Kuba habe heute die internationale Isolation überwunden. Dazu habe ein klein wenig auch das Öffentlichmachen dieses Boykotts und die Entlarfung der Doppelmoral der deutschen Kubapolitik beigetragen. „Heute“, so Harri Grünberg, „ist die Bundesregierung endlich dabei, ihre Kubapolitik zu überdenken.“ Die Solidaritätsbewegung begrüße diese Entwicklung. Er betonte außerdem die Standhaftigkeit des revolutionären Kubas, ohne die eine Linksentwicklung, so, wie wir sie heute erleben, nicht möglich wäre. „Und die progressive Entwicklung in Lateinamerika trägt wiederum zu einer Stärkung Kubas in Lateinamerika und auf der internationalen Bühne bei.“
Am Cuba Sí-Stand müssen wir immer wieder einmal die Geschichte dieser Jahre von 2004 bis 2007 erzählen. Manch einer der Gäste kennt diese Hintergründe nicht und ist überrascht, dass es im fernen Europa Kubafreunde gibt, die sich so engagiert für ihr Land einsetzen. Und wir werden von ihnen ermuntert, in unserer Solidaritätsarbeit nicht nachzulassen. (Jörg Rückmann)