Bücherwürmer und Leseratten stürmen die Festung
Wer glaubt, das Buch - dieses analoge Ding aus Papier - hätte im digitalen Zeitalter ausgedient, der muss die Buchmesse in Havanna besuchen. Die „Feria Internacional del Libro“ ist eine der größten Literaturpräsentationen Lateinamerikas, sie ist außerdem ein Fest der Kunst und Kultur. Und das Messegelände, die alte Festungsanlage von Havanna „San Carlos de la Cabaña“ ist wohl der schönste Ort für solch eine Veranstaltung. Wenn sich am 24. Februar auf der Cabaña die Tore schließen, geht die Messe auf Tournee durch alle Provinzen Kubas.
Jeden Morgen, wenn sich die Tore der Buchmesse öffnen, erobern Tausende Bücherwürmer und Leseratten die Cabaña und feiern hier ein großes Fest. Auch an den Cuba Sí-Stand kommen jeden Tag zahlreiche Besucher. Vor den Bücherzelten und Ausstellungsräumen gibt es oft großes Gedränge und lange Schlangen. Überall wird gelesen, selbst die alten Kanonen der Festung werden in diesen Tagen als Lesesessel genutzt. Auffallend ist, dass viele junge Leute und Familien die Messe besuchen. Fast alle Bücher werden zu niedrigen Preisen und für Peso verkauft. Oft sieht man an den Bücherständen sogar Schilder, die besagen, dass der konvertible Peso nicht akzeptiert wird. Viele Messebesucher schleppen am Abend schweren Tüten mit neuerworbener Literatur nach Hause.
Ehrengastland ist in diesem Jahr Angola. Dem Charakter der Messe entsprechend kamen mit der offiziellen Delegation auch 67 Künstler dieses afrikanischen Landes mit nach Kuba. Im angolanischen Pavillion, aber auch in mehreren Veranstaltungszentren in Havanna präsentiert sich das Land mit Ausstellungen und Kulturevents, so z.B. mit der Kunstausstellung „Angola dibujada“ („Angola gezeichnet“) des Malers López Hérnandez im Casa de Africa, mit einer Gala im Teatro Mella, die Angola vorstellte oder mit der gemeinsamen Ausstellung „Reencuentro“ von angolanischen und kubanischen Bildhauern.
Cuba Sí hat im Rahmen der Buchmesse einige politische und kulturelle Veranstaltungen organisiert. Außerdem präsentieren wir neben Büchern zum Thema Kuba und Lateinamerika auch landwirtschaftliche Fachliteratur, die von unserer Partnerorganisation ACPA (Kubanische Vereinigung für Tierproduktion) erarbeitet und von Cuba Sí produziert wurde. Unsere beiden neuen Bücher behandeln die Entwicklung von Weiden und den Futteranbau („Pastos y Forrajes“) sowie die Kleintierproduktion („Alimentación de especies menores“). Solche Bücher sind wichtig vor allem für jene Kubaner, die über das Gesetz Nummer 300 Land für die landwirtschaftliche Nutzung übertragen bekommen haben, aber noch wenig Erfahrung auf diesem Gebiet besitzen. ACPA leistet hier eine gute Weiterbildungsarbeit.
Natürlich informieren wir in Havanna auch über die Aktivitäten unserer Solidaritätsorganisation in Deutschland. Deshalb haben wir wieder eine Cuba Sí-Revista in spanischer Sprache herausgegeben, die von den Messebesuchern mit großem Interesse gelesen wird. Und natürlich werden wir unseren Aufenthalt in Kuba auch zu einem Arbeitsbesuch auf unseren Milchprojekten im westlichen Teil der Insel nutzen. (Jörg Rückmann)