„Gutes für viele und nicht für wenige“
Am 15. Februar öffneten sich die Tore des Buchmessegeländes auf der Festung San Carlos de la Cabaña für die Besucher. Mit „Leer es crecer“ (Lesen bedeutet wachsen) ist dieses große Fest der Literatur seit vielen Jahren überschrieben. Die Buchmesse Havanna ist nicht - wie in anderen Ländern - eine rein kommerzielle Veranstaltung, sondern ein kubanisches Volksfest. „Gutes für viele und nicht für wenige“ - so umschrieb der Schriftsteller und Sozialwissenschaftler Pedro Pablo Rodriguez das Anliegen der Buchmesse, und „dieser Gedanke wird in Havanna realisiert, da die Bücher zu wirklich erschwinglichen Preisen unter das Volk gebracht werden.“ 700 Schriftsteller aus 40 Ländern präsentieren in diesem Jahr ihre Bücher. Dazu gibt es ein breites Angebot an kulturellen und politischen Veranstaltungen.
Auf der traditionellen Eröffnungsfeier am Vorabend wurde vor allem das Ehrengastland Angola vorgestellt. Die Kulturministerin des afrikanischen Landes erinnerte in ihrer Rede an die 400-jährige Geschichte, die Angola und Kuba verbindet - von der Sklaverei bis zu den Freiheitskämpfen, in denen sich Kuba mit Angola solidarisierte. „Und auch heute gibt es immer noch Kämpfe“, so die Ministerin, „die wir aus den gleichen Gräben führen.“ Der Austausch von Kultur könne helfen, die Umarmungen zwischen den Völkern noch enger werden zu lassen.
Zwischen den Redebeiträgen spielten verschiedene Bands traditionelle angolanische Musik und „entführten“ die Gäste akustisch nach Afrika. Viele Redner nutzten die Eröffnungsfeier auch als politische Bühne und solidarisierten sich in ihren Grußworten mit den Cuban Five.
Für Cuba Sí begann der erste Messetag mit einem Besucheransturm an unserem Stand und mit einer Veranstaltung. Gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung (Büro Mexiko) hatten wir in der „Comandancia del Che“ zu einer Diskussionsrunde eingeladen. Thema: „Der Widerstand gegen die kapitalistische Krise“. Unsere Gäste waren der Che-Biograf Paco Ignacio Taibo II aus Mexiko, der seit kurzem Kultursekretär der sich in Gründung befindenden neuen mexikanischen Partei MORENA ist. Paco hat außerdem die „Brigada para leer en libertad“ gegründet, eine Organisation, die politische Lektüre an die Massen bringen will. Auf dem Podium hatten außerdem Harri Grünberg, Vorsitzender des Netzwerk Cuba e.V., sowie ein Vertreter von der Jugendorganisation solid Platz genommen.
Paco Ignacio Taibo II hob in seinem Beitrag hervor, dass zwar in den letzten fünf Jahren rund 20 große Bewegungen entstanden seien, diese aber sehr unterschiedlich agieren. Für Mexiko mahnte er, dass einge Gruppen nur den Blick auf die Probleme des eigenen Landes werfen. Harri Grünberg knüpfte an diesen Gedanken an und hob zwei Aspekte des Widerstandes gegen das kapitalistische System hervor: den Kampf gegen den Sozialabbau im eigenen Land - aber dieser Kampf muss auch auf internationaler Ebene geführt werden. Die Linken müssen sich zu diesem internationalistischen Gedanken sehr klar positionieren, so Harri Grünberg. Der solid-Vertreter berichtete dann von Aktionen, die junge Linke in Deutschland in verschiedenen Bündnissen organisiert haben, oder die von ihnen unterstützt wurden.
Der Abend des ersten „richtigen“ Messetages wird mit der Vorstellung der Biografie des kubanischen Liedermachers Gerardo Alfonso enden. Da Gerardo im „Casa de las Americas“ aber nicht nur aus seinem Buch lesen wird, sondern auch zur Gitarre greift, werde ich meinen Bericht hier beenden und jetzt zum Konzert fahren. Der Bericht dazu folgt ;-) (Jörg Rückmann)