17.08.2011 Druckversion

Gemeinsam gegen die US-Blockade

„Ich sehe gar nicht ein, dass US-amerikanische Firmen uns einfach etwas diktieren wollen.“ Mit diesen Worten kommentierte Thomas Altmann, Inhaber des Online-Shops Rum & Co., die Sperrung seines Kundenkontos durch den Online-Bezahldienst PayPal.
Stellungnahme von Cuba sí zum Vorgehen von Paypal gegen Online-Händler
Stellungnahme von Cuba sí zum Vorgehen von Paypal gegen Online-Händler

Die Vorgeschichte: Mehrere Online-Händler, die kubanische Waren wie Rum und Zigarren im Angebot haben und PayPal als Zahlungsart auf ihren Seiten anbieten, erhielten Ende Juli von PayPal die Mitteilung, dass ihre Konten gesperrt wurden und diese Sperrung erst wieder aufgehoben wird, wenn die Händler die kubanischen Produkte von ihren Seiten entfernen. PayPal versucht so, die US-Blockade gegen Kuba hier in Europa mit durchzusetzen. Mittlerweile wehren sich mehrere betroffene Händler. Gemeinsam mit den Rechtsanwälten Heie-Andreas Grau und Andreas Eberl bereiten sie derzeit eine Musterklage vor, um eine einstweilige Verfügung gegen die Kontensperrungen zu erreichen. Bei Erfolg hätte diese Musterklage Pilotcharakter für andere Online-Händler.

PayPal und eBay

Das Online-Bezahlsystem PayPal ist eine Tochtergesellschaft des US- Unternehmens eBay. PayPal hat über 200 Millionen Mitgliedskonten in ca. 190 Ländern. Die Transaktionen des Unternehmens bewegen sich im zweistelligen Milliardenbereich pro Jahr. In Deutschland hat PayPal rund 15 Millionen Kundenkonten und somit auch eine dominierende Marktstellung. Seit 2007 hat PayPal Europe mit Unternehmenssitz in Luxemburg den Status einer europäischen Bank. In seinen Geschäftgrundlagen wird englisches Recht als Vertragsrecht genannt; zuständig seien die luxemburgischen und englischen Gerichte. Gegenüber der „taz“ gestand PayPal, dass die Anweisungen zu diesen Kontensperrungen aus den USA kamen – das Finanzministerium der USA mit seinem Office of Foreign Asset Control verlange von US- Tochterunternehmen außerhalb der Vereinigten Staaten die strenge Einhaltung der Kuba-Blockade. Nach Vorgaben des Mutterkonzerns eBay in Deutschland, Österreich und der Schweiz dürfen nur Produkte aus Kuba angeboten werden, die „vor dem Inkrafttreten des US- Handelsembargos gegen Kuba am 8. Juli 1963 auf den Markt gekommen sind“. Inzwischen sind auch Händler betroffen, die kubanische Waren direkt bei eBay anbieten. Schon 2006 berichtete die Presse, PayPal gleiche Kundendaten mit der Heimatschutzbehörde der USA ab. Ende 2010 hatte das Unternehmen ein Konto gesperrt, über das die Spenden an Wikileaks gesammelt wurden.

US-Blockade contra EU-Recht

Die Kontensperrungen bedrohen einige der Händler in ihrer wirtschaftlichen Existenz. Würden sie jetzt tatsächlich die kubanischen Waren aus dem Angebot nehmen, damit PayPal die Kontensperrungen wieder aufhebt, kämen sie unweigerlich mit europäischem Recht in Konflikt: Die EU reagierte 1996 mit der sogenannten Blocking Regulation auf die Ausweitung der US-Blockade gegen Kuba auf Drittstaaten (Torricelli-Gesetz – 1992; Helms-Burton- Gesetz – 1996). Diese Blocking Regulation – damals von allen (15) EU- Staaten begrüßt – verbietet bei Strafandrohung EU-Unternehmen die Umsetzung der US-Blockade. So bewegen sich also auch eBay und PayPal auf dünnem Eis, da sie mit ihren Forderungen gegenüber den Online- Händlern Sanktionen der EU riskieren.Die betroffenen Online-Händler führen schon seit Jahren kubanische Produkte im Angebot, und die Zahlungsabwicklung lief immer reibungslos. Der Internethändler Rum & Co. beispielsweise vertreibt rund 200 kubanische Produkte und machte über PayPal einen monatlichen Umsatz im fünfstelligen Bereich. Warum also gehen eBay und PayPal gerade jetzt gegen kubanische Waren vor?Einige Händler sprechen von einem Rückgang beim Verkauf von Bacardi-Rum. Die Kunden bevorzugten kubanischen Rum – aus Qualitätsgründen. Aber viele Kuba-Freunde und interessierte Touristen kennen mittlerweile auch die Geschichte und die politischen Ziele des Bacardi-Konzerns.Erinnert sei außerdem an den von den USA angezettelten Markenstreit um den Namen Havanna Club. Die Vermutung liegt nahe, dass Firmen wie PayPal und eBay durch einflussreiche Kräfte in den USA einem massiven politischen und wirtschaftlichen Druck ausgesetzt sind. Denkbar ist aber auch ein Ausloten der Situation, wie weit die USA ihre Blockade gegen Kuba in Europa heute noch durchsetzen kann – das Land ist gerade an der Zahlungsunfähigkeit vorbeigeschrammelt, und gerade beginnt der Präsidentschaftswahlkampf.

Ein ökonomisches Eigentor

Die US-Blockade gegen Kuba auch in Europa durchzusetzten ist keine Erfindung von PayPal oder eBay. Es gibt zahlreiche europäische Unternehmen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Kontakte zum sozialistischen Kuba mit Strafmaßnahmen belegt wurden (siehe Cuba Sí Revista 1-2011). So z. B. das Schweizer Bankhaus Credit Suisse und die Schweizer Großbank USB; sie beugten sich den Blockadebestimmungen und zahlten Strafen in dreistelliger Millionenhöhe.Nun plötzlich wehren sich einige kleine Online-Händler gegen zwei Wirtschaftgiganten. Und die großen Medien berichten darüber; sie konnten das Problem nicht ignorieren, da z. B nach Bekanntwerden des Vorfalls mehrere 10 000 Kunden bei PayPal und eBay absprangen und so Druck auf die Börsenkurse der beiden Firmen ausübten. Es sind die vielen betroffenen kleinen Käufer, die diese rechtswidrigen Kontensperrungen öffentlich werden ließen. Mittlerweile gibt es Boykottdrohungen gegen PayPal und eBay sowie Aufrufe, alternative Bezahlmethoden zu nutzen. So könnten die Aktionen von PayPal und eBay zu einem wirtschaftlichen Eigentor für die beiden Firmen werden. Die Solidaritätsbewegung muss jetzt die Präsenz des Themas in den Medien nutzen, damit sich die EU endlich für eine Aufhebung der US-Blockade einsetzt. Cuba Sí ruft alle Freunde Kubas auf, mit eigenen Informationen und Standpunkten in Berichterstattung und Debatte einzugreifen. Schreibt Leserbriefe, protestiert bei PayPal und eBay, nutzt Eure Informationsnetzte, teilt betroffenen Händlern Eure Standpunkte mit und versichert sie der Solidarität aller Kuba-Freunde.

Online-Händler und Solibewegung gemeinsam gegen die Blockade

„Wir wollen ... keinesfalls darauf verzichten, unseren Kunden leckeren kubanischen Rum anzubieten, und haben deshalb die Zahlungsweise PayPal (vorübergehend?) deaktiviert.“ So begrüßt z. B. „bardealer.de“ die Kunden auf seiner Website. Das ist ein klares Wort und ein mutiger Schritt. Cuba Sí unterstützt jede Aktion, die zur Aufhebung der US-Blockade gegen Kuba beiträgt. Selbstverständlich stehen wir in dem jetzt beginnenden Rechtsstreit solidarisch an der Seite der betroffenen Online-Händler. Und dass wir selbst derzeit einen Bogen um eBay und PayPal machen, versteht sich von selbst. Wir fordern PayPal und eBay auf, sich an die Handelsregeln in der EU zu halten. Die gesperrten Konten müssen umgehend freigeben und kubanische Produkte wie jedes andere Produkt akzeptiert werden. Wir fordern die EU auf, in Wort und Tat energisch gegen alle Versuche vorzugehen, die eine Durchsetzung der US-Blockade in Europa zum Ziel haben. Zugleich fordern wir die EU auf, sich aktiv für die bedingungslose Aufhebung der US-Blockade gegen Kuba einzusetzen.    Leider haben wir festgestellt, dass einige der betroffenen Händler neben kubanischem Rum auch – wohl aus Unwissenheit – Produkte der Firma Bacardi im Angebot führen. Diese Firma ist verwickelt in zahlreiche antikubanische Aktivitäten und unterstützte in ihrer Geschichte die Bildung und Finanzierung antikubanischer Organisationen. Bei der Ausarbeitung des Helms-Burton-Gesetzes (1996) zur Verschärfung der US-Blockade gegen Kuba waren führende Rechtsanwälte Bacardis beteiligt. Der Kampf gegen die US-Blockade und das gleichzeitige Handeln mit Bacardi-Produkten ist deshalb ein Widerspruch. Konsequent gegen die US-Blockade auftreten beinhaltet für uns auch ein konsequentes Nein zu Bacardi! Wir möchten an dieser Stelle auf unseren Flyer (zum Downloaden am Seitenende) sowie auf das Buch von Hernando Calvo Ospina: „Im Zeichen der Fledermaus. Die Rum-Dynastie Bacardi und der geheime Krieg gegen Cuba“ verweisen (Papyrossa 2006, ISBN 3-89438-243-0). Cuba Sí möchte die betroffenen Händler ermuntern, ihren Protest gegen PayPal und eBay nicht nur vom kommerziellen Standpunkt aus vorzutragen – der Kampf gegen die US-Blockade und deren Durchsetzung hier in Europa hat vor allem eine politische Dimension. Auch wir, die Compañeros von Cuba Sí, schätzen einen leckeren kubanischen Rum – zugleich aber stehen wir konsequent an der Seite des sozialistischen Kuba!

Lasst uns den Kampf für die bedingungslose Aufhebung der US-Blockade gegen Kuba gemeinsam führen!

AG Cuba Sí

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anti-bacardi_kampagne.pdf173.5 KB
offener_brief_an_die_von_paypal_sanktionierten_online-haendler.pdf75.81 KB

Veröffentlicht in Gegen die Blockade | Tags: Bacardi, Blockade, Ebay, Paypal, Sanktionen