09.05.2016 Druckversion

Für gute zwischenstaatliche Beziehungen

Stellungnahme der AG Cuba Sí zum Besuch des kubanischen Außenministers Bruno Rodríguez Parrilla in der Bundesrepublik Deutschland vom 8. bis 10. Mai 2016
Der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla im Bundestag
Der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla am 9. Mai 2016 bei seiner Besichtigungstour im Deutschen Bundestag. (Foto: Jörg Rückmann)

Nach den Besuchen des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier (Juli 2015) und des deutschen Wirtschaftsministers und Vizekanzlers Sigmar Gabriel (Januar 2016) in Kuba weilt nun der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla zu einem offiziellen Besuch in der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Besuch ist ein vorläufiger Höhepunkt in der Neuordnung der Beziehungen der Bundesrepublik zu Kuba. Deutschland hatte im Jahr 2003 die Beziehungen zu dem sozialistischen Land auf Eis gelegt. Ein schon unterschriftsreifes Kulturabkommen wurde damals nicht abgeschlossen, und die Bundesrepublik boykottierte z.B. die Internationale Buchmesse in Havanna, zu der sie als Ehrengastland eingeladen war. Erst ab 2006/2007 gab es von deutscher Seite wieder zaghafte Signale in Richtung Kuba, die Beziehungen wieder verbessern zu wollen.

Größtes Hindernis für ein gutes Verhältnis beider Länder war und ist der „Gemeinsame Standpunkt“ der Europäischen Union gegenüber Kuba. In diesem 1996 von allen EU-Mitgliedsstaaten beschlossenen Papier verlangt die EU als Bedingung für bessere Beziehungen zu Kuba einen Systemwechsel in dem sozialistischen Land. Deutschland war lange Zeit einer der stärksten Verfechter dieser Politik. Dieses unhaltbare, politisch motivierte Positionspapier entstand in einer Zeit, als Kuba durch den Wegfall der Hilfe der sozialistischen Länder und durch die Verschärfung der US-Blockade durch das Torricelli- und das Helms-Burton-Gesetz (1992, 1996) eine der schwersten Krisen seiner Geschichte durchlebte. Kuba aber hat diese entbehrungsreiche Zeit bewältigt und konnte sich im Zuge der politischen Veränderungen in Lateinamerika ab 1999 und durch das Entstehen neuer Staatenbündnisse aus einer jahrzehntelangen politischen Isolation befreien. Mehr noch: Kuba hat durch diese Veränderung der politischen Rahmenbedingungen auch neue internationale Partner gewonnen.

Mehrere EU-Mitgliedsländer haben auf diese veränderte Situation reagiert und sich von den Positionen des „Gemeinsamen Standpunktes“ gelöst. Sie haben mit Kuba bilaterale Abkommen abgeschlossen und so den „Gemeinsamen Standpunkt“ quasi unwirksam gemacht. Durch diese Änderung der Positionen mehrerer EU-Staaten und nicht zuletzt durch die am 17. Dezember 2014 begonnenen Verhandlungen zwischen den USA und Kuba kam die Bundesrepublik in Zugzwang, nun auch ihre Position zu Kuba zu überdenken.

Die Bundesrepublik Deutschland als ökonomisch und politisch stärkstes Land der EU könnte mit einer neuen Kuba-Politik dazu beitragen, den „Gemeinsame Standpunkt“ endlich auch formell aufzuheben. Ebenso könnte ein solcher Politikwechsel auch dazu beitragen, dass die Anwendung von US-Blockadegesetzen in Deutschland und der gesamten EU endlich beendet wird und die dazu seit 1996 bestehenden EU-Regelungen (Blocking Regulation) auch durchgesetzt werden.

Auch wenn sich die politischen Auffassungen der offiziellen deutschen Politik zum sozialistischen Gesellschaftsmodell Kubas sowie zum Recht des karibischen Landes, sein politisches System und seinen Entwicklungsweg selbst zu bestimmen, wenig geändert haben, so ist trotzdem im politischen Umgang mit Kuba der Anfang einer neuen Kultur erkennbar. Dazu hat auch die Solidaritätsbewegung mit ihren zahlreichen Unterstützungsaktionen für Kuba einen Beitrag geleistet.

Deutschland genießt heute in Kuba ein hohes Ansehen. Dies ist auch auf die guten Beziehungen zwischen der DDR und Kuba bis 1989/1990 zurückzuführen. Zehntausende Kubaner beherrschen die deutsche Sprache, da sie in der DDR gelernt, gearbeitet studiert oder ihren Doktortitel erworben haben. Die Bundesregierung wäre gut beraten, diese vorteilhafte Situation zu würdigen und für eine gute Zusammenarbeit beider Länder zu nutzen.

Nach den Reisen von Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel in Kuba zeigt der offizielle Besuch von Bruno Rodríguez Parrilla in der Bundesrepublik, dass Deutschland die Beziehungen zu Kuba weiter verbessern und auf Grundlage der im Juli 2015 mit Kuba festgelegten Rahmenvereinbarungen die Verhandlungen für ein grundlegendes Vertragswerk zwischen beiden Ländern voranbringen möchte. Gute zwischenstaatliche Beziehungen müssen aber auf den Prinzipien des Völkerrechtes gestaltet werden sowie auf gegenseitigem Respekt, auf Anerkennung der Unabhängigkeit und der Souveränität eines jeden Landes beruhen.

Die AG Cuba Sí begrüßt den Besuch des kubanischen Außenministers Bruno Rodríguez Parrilla in der Bundesrepublik Deutschland.

AG Cuba Sí, 9. Mai 2016

Veröffentlicht in Rund um Kuba