Paduras Revolutionsbuch löst in Havanna Revolte aus
Weit über 600 Gäste der Buchmesse in Havanna kommen zur Lesung des Krimiautors. Leider lagen nur 150 Bücher bereit
Wer am Dienstag zu spät zu der Buchpräsentation des kubanischen Krimiautoren Leonardo Padura kam, hatte keine Chance mehr. Der größte Saal "Nicolás Guillén" der Internationalen Buchmesse von Havanna war bis auf den letzten Platz – und darüber hinaus – gefüllt. Padura stellte am frühen Nachmittag sein neuestes Buch vor: "El hombre que amaba los perros" (Der Mann, der die Hunde liebte) erzählt die Geschichte des Mordes des sowjetischen Revolutionärs Leo Trotzki.
Der Mörder, Ramon Mercader, geht zu Beginn des Buches mit seinem Hund am Strand spazieren. Ein unverdächtiger Start in ein Buch, das wie im Flug die Schauplätze der Befreiungskämpfe und Revolutionen des 20. Jahrhunderts wiedergibt: Spanien im Bürgerkrieg und Mexiko in der Zeit von Diego Rivera und Frieda Kahlo.
Padura wäre aber nicht Padura, wenn er die dunklen Seiten des sogenannten Realsozialismus ausblenden würde. Er führt die Leser auch nach Moskau unter Stalin und nach Prag 1968.
Und dann führt das Buch wieder in das aktuelle Kuba.
Padura lässt die Höhen und Tiefen des Sozialismus ´des 20. Jahrhunderts im sozialistischen Kuba des 21. Jahrhunderts enden. Allein das erklärt die Faszination des Autors uns seines Werks. Dass Padura seine kritische und zugleich solidarische Haltung der Kubanischen Revolution gegenüber nicht verhehlt, ist bekannt. Auch bei einem Aufenthalt in Berlin vor wenigen Jahren lobte er die Solidaritätsarbeit deutscher Kuba-Gruppen. Zugleich bat er um Verständnis für das kubanische Volk. "Wir verteidigen diese Revolution seit Jahrzehnten und leben dennoch so wie vor 30 Jahren, und das sind wir leid", sagte er. Wenige Wochen vor dem mit Spannung erwarteten Parteitag der regierenden PCC erhalten Padura, seine Thesen und sein Werk neue Anziehungskraft.
Leider hätten auch die Organisatoren der Lesung das besser beachten sollen. Bei weit über 600 Gästen legten sie 150 Bücher der kubanischen Ausgabe von "El hombre que amaba los perros" bereit. Die Folge war eine Revolte wegen des Revolutionsbuches. Die Menge auf der Terrasse vor der Sala Guillén tobte, die Polizei musste den Saal schließen und die Verkäufer abschirmen. Zuvor waren Nummern ausgegeben worden. Auch Cuba Sí zog den Kürzeren. Wir hatten Nummer 297. Der Trost: Ein Autogramm des Autors im Notizbuch und das Versprechen, dass Leonardo Padura in wenigen Wochen nach Deutschland kommt. (Text: Harald Neuber/Martina Krümmling, Foto: eltaburete.wordpress.com)