11.02.2020 Druckversion

Psychologischer Krieg gegen Kuba: Auf der Suche nach Tiefe, um dem Echo zu entkommen

Wir in Kuba sind im Fadenkreuz der Maschinerie des psychologischen Krieges. Darüber müssen wir uns bewusst sein, dass wenn wir Partei ergreifen, wir dies in dem Wissen tun, dass jeder von uns sich auf dem Schlachtfeld befindet, auf dem dieser schonungslose Kampf ohne Unterlass ausgefochten wird. Autor: Ernesto Estévez Rams, internet@granma.cu
Foto: El Periódico
Foto: El Periódico

Der italienische Philosoph und Semiotiker Umberto Eco, der aber mehr als Autor von Romanen bekannt wurde, sagte kurz vor seinem Tod, dass eine neue nützliche Funktion der Zeitungen die Analyse der Websites sein könnte. Diese Dienstleistung, so argumentierte Eco, sei wegen der explosiven Ausbreitung von Informationen gerechtfertigt, die das Web ohne jede Validierung hervorbringe, was dazu führe, dass die Leser mit wirklich idiotischen Inhalten überschwemmt würden.


Ich habe den Verdacht, dass das Heilmittel möglicherweise gefährlicher ist als die Krankheit. Es würde voraussetzen, dass die Zeitungen ,was die Validierung der Informationen angeht, die sie liefern, im Vergleich zu anderen Medien einen Sonderstatus einnehmen würden, wo wir doch ganz sicher wissen, dass dies nicht der Fall ist. Heute sind zu viele Zeitungen auf der Welt, sei es durch den Druck des Marktes oder durch die Bedrohung die Leser zu verlieren, toxisch geworden und erzeugen solch dumme und verdummende Inhalte, wie die dümmlichste Seite in Facebook.


Dabei sind in der Tat die auf der besonders reaktionären Idee der Post-Wahrheit beruhenden sogenannten Nachrichtenfarmen, die automatisiert Nachrichteninhalte schaffen, in dem sie Vorlagen nutzen, die sie mit Lokalismen füllen, um dem Leser der Nachricht, unabhängig davon, ober er sich in Malaysia oder Kuba befindet, das Gefühl von Nähe zu vermitteln, der Extremfall.


Auf meiner Facebook Seite kommen ständig Inhalte an, die mir davon erzählen, dass im Stadtteil Plaza de la Revolución ein bestimmtes Produkt vernichtet wird, das es weder auf dem formellen noch auf dem informellen Markt gibt.
Dafür benutzt man Computerprogramme, die relativ neue Technologien wie neuronale Netze verwenden und in der Lage sind, Millionen digitaler Seiten zu überarbeiten und ohne menschliches Eingreifen automatische Inhalte zu erzeugen, die so aussehen, als wären sie von Menschen geschrieben worden.


In der Mehrzahl der Fälle sind diese unsinnigen Nachrichten eher allgemeiner Natur in dem Stil wie : die Wissenschaft hat bewiesen, dass wenn man auf der linken Seite des Bettes schläft, man intelligenter wird, aber dahinter stehen zweifellos perversere und ausgefeiltere Absichten.


Basierend auf den gleichen automatischen Technologien gibt es einer weitere ebenfalls unlautere Praxis, die in der Analyse von Szenarien besteht, in denen ganze Absätze von Meinungen mit redaktioneller Verzerrung oder in manipulatorischer Absicht verfasst werden, die mit anderen von Algorithmen geschaffenen Abschnitten vermischt werden, um sie den jeweils sich ergebenden Zusammenhängen anzupassen.


Auf diese Weise ist die Geschwindigkeit zu verstehen, mit der so viele mehr oder weniger lange Antworten innerhalb weniger Sekunden nach einer Nachricht entstehen. Ein jüngstes Beispiel ist das, wie innerhalb von Sekunden im Netz Inhalte erzeugt wurden, um die Wahl des neuen Premierministers in Kuba zu attackieren. Da gab es innerhalb kürzester Zeit Hunderte wenn nicht Tausende von Veröffentlichungen. Es ist schwer zu glauben, dass so viele Personen darüber informiert sein konnten, wer gewählt würde; man muss vielmehr davon ausgehen, dass man bereits vorher die Profile aller innerhalb der Nationalversammlung potenziell dafür in Frage kommenden Kandidaten erstellt hatte, um die Nachrichten mit der Schnelligkeit zu produzieren, die für Kampagne erforderlich war, die man lostreten wollte.


Dahinter stecken nicht nur Computertechnologien sondern auch jahrzehntelange psychologische und soziologische Studien zur Massenmanipulation, bei denen gleichermaßen perverse Technologien erarbeitet wurden, um Gruppen von Menschen zu beeinflussen. Zweifellos neu sind die Technologien zur Manipulation von Bildern die Art der Informationsgewinnung, mit der man fast augenblicklich falsche oder andere subtilere Fotos finden kann, die außerhalb des Kontexts aufgenommen worden waren, sich aber an die Botschaft anpassen, dem man dem Konsumenten übermitteln möchte. So kommt es, das wir Fotos von Demonstrationen auf den Philippinen von vor einigen Jahren sehen, die uns als Demonstrationen aus dem Venezuela von heute gezeigt werden.


Welche Macht damit ausgeübt werden kann, konnten wir bei der Wahl von Trump, beim Referendum über Brexit und den Wahlen in Brasilien sehen und wir könnten die Liste noch weiterführen.


Obwohl die Regeln, auf denen diese Erzeugnisse beruhen, viel älter als Goebbels sind, der sie systematisierte und darüber Theorien verfasste, nämlich so alt wie die Klassengesellschaft, so ist doch der Grad an totalitärer Raffinesse, die sie heute erreicht haben, in der Geschichte der Menschheit beispiellos. Man ist an einem Punkt angekommen, dass einige sagen, dass die aktuelle globale Gesellschaft nicht die Gesellschaft des Wissens ist, sondern dass, wegen all dieser Fülle an Junk Informationen, sie eher eine Gesellschaft der Fehlinformation darstellt.


Wir glauben nicht, dass wir uns in Kuba außerhalb der Reichweite dieses Phänomens befinden. Ganz im Gegenteil, wir sind im Fadenkreuz der Maschinerie des psychologischen Krieges. Darüber müssen wir uns bewusst sein, dass wenn wir Partei ergreifen, wir dies in dem Wissen tun, dass jeder von uns sich auf dem Schlachtfeld befindet, auf dem dieser schonungslose Kampf ohne Unterlass ausgefochten wird und dass wir uns ihm nicht entziehen können.


Die beste Weise, uns für diese Schlacht zu rüsten, die in uns und ohne unser Einverständnis stattfindet, bleibt immer noch die alte Maxime der Revolution: Nicht glauben, sondern lesen. Und wenn man lesen sagt, so ist das Konzept heute weiter gefasst, als das einfache Lesen eines Textes. Bedauerlicherweise gibt es in unserem eigenen Hof eine ganze Menge Schrottinhalte, die von uns selbst erzeugt wurden, zu einem Zeitpunkt, an dem wir unsere Aufgabe eigentlich besser wahrnehmen müssten. Denn mit dem Lesen ist die wirklich revolutionäre Fähigkeit verbunden, über das was da steht hinaus zu analysieren. Bei einem Geschehen das Warum zu suchen, die Gründe für die Phänomene. Lasst uns den irrationalen Appellen, die Vernunft des Intellekts entgegensetzen. Denn um was es hier geht, ist das Verstehen und nicht schlecht verdaute indoktrinierte Inhalte zu wiederholen. Die Revolution hat den Vorteil beim Diskurs, weil sie Trägerin einer sozialen und wirtschaftlichen Ordnung ist, die die Erlösung des Menschen anstrebt und nicht seine Reduzierung auf eine bloße Ware. Die Revolution ist nur mit voll verwirklichten Menschen möglich, wir geben uns nicht mit weniger zufrieden.

Quelle: http://de.granma.cu/cuba/2020-02-10/psychologischer-krieg-gegen-kuba-auf-der-suche-nach-tiefe-um-dem-echo-zu-entkommen

Veröffentlicht in Aktuelles | Tags: Blockade, Kuba, Menschenrechte, psychologischer Krieg