24.08.2011 Druckversion

Eine wahre Geschichte?

Von Jörg Rückmann
Die Wahlkämpfer von CDU, CSU, SPD, FDP und von den Grünen auf einer gemeinsamen
Die Wahlkämpfer von CDU, CSU, SPD, FDP und von den Grünen auf einer gemeinsamen Beratung ...

Mehrmals im Jahr treffen sich die Wahlkampfmanager von CDU, CSU, SPD, FDP und von den Grünen in einer geheimen Runde und überlegen, wie sie DIE LINKE wieder einmal so richtig reinlegen können. Diese Treffen haben Tradition. Selbst jetzt, in der Sommerpause, haben sich die Fünf zusammengefunden. Denn kurz vor der Berlin-Wahl gibt’s für sie eine Menge zu tun. Und wie immer, wenn sie sich treffen, werden zuerst einmal die gelungenen Aktionen gegen DIE LINKE bejubelt, die sie beim letzten Mal beschlossen hatten. „Mensch, ist DIE LINKE blöd,“ ruft der CDU-Vertreter, „denen brauchst du ja wirklich nur ein Reizwort hinzuhauen, die tappen immer wieder in die Falle!“ „Ja, einfach toll!“ brüllt der SPDler und schlägt sich dabei vor Lachen auf die Schenkel. „Wißt ihr noch“ – er schaut in die Runde, als wolle er einem Chor den Einsatz geben – und schon bricht es aus den Fünfen heraus: „Kom-mu-nis-mus-de-bat-te!!!“ Donnerndes Gelächter, die Fäuste trommeln auf den Tisch. Der SPD-Kollege wischt sich die Tränen aus den Augen. „Und ... und“, brüllt der Herr von der FDP dazwischen, während er sich seinen Schlips vom Hals reißt: „Antisemitismusdiskussion“!  
Wieder brandet schallendes Gelächter auf. „Mensch, das müssen die doch mal mitkriegen, wie wir sie verarschen“, ruft der Grüne. „Ne, das merken die nicht!“, mischt sich jetzt auch der CSU-Mann ein. Auch er kann sich vor Lachen kaum halten. „Bei ‚Stalinismus‘ und ‚Stasi‘ springen die doch an wie Rennmaschinen.“ „Ja, als ob die auf solche Stichworte regelrecht warten!“, ergänzt der Grüne. „So, nun genug gefeiert“, versucht der Herr von der CDU wieder etwas Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Er zwingt sich, ein ernstes Gesicht zu machen: „Wir müssen uns natürlich heute wieder etwas Neues einfallen lassen – hat jemand eine Idee?“ „Na, vielleicht hätte ich da was“, murmelt der CSU-Mann in die Runde und schaut dabei den SPD-Kollegen an. „Na, nun sag schon, spann uns nicht auf die Folter!“ „Nun ja, da ist doch dieses Mauerjubiläum – da könnte man vielleicht was draus machen ...“ „Mauerjubiläum! Hey, das ist  d i e  Idee – und dann noch voll im   Wahlkampf. Du bist ein Genie! – Aber warum schaust du mich dabei so an, fragt der SPD-Mann? „Nun ja, ich geh mal davon aus, dass irgend so ein Trollo von den LINKEN das Thema Mauerbau mal wieder diskutieren will ...“ „Ja, haha, im Wahlkampf, super!“, amüsiert sich der Grüne. „Ihr wisst schon, was ich meine“, fährt der CSU-Mann fort: „Die Mauer war richtig, bla, Frieden in Europa bla, bla, bla.“ „Und den ersten, der sowas sagt, den zerlegen wir in ganz kleine Stücke“ jubelt der Grüne nochmal dazwischen und haut wie zur Demonstration seiner Zerlegetaktik kräftig auf den Tisch. „Nein – besser!“. Der CSU-Vertreter wendet sich mit einem süffisanten Lächeln wieder an seinen SPD-Kollegen: „Jetzt kommst du ins Spiel: Die wollen doch mit euch weiterregieren in Berlin, und da kennst du doch so den einen oder anderen ...“ „Kennen ist wohl übertrieben“, entgegenet der SPDler fast beleidigt. „Ist ja nicht schlimm, Hauptsache, Du hast da jemand.“ „Und dann?“ Die Spannung im Raum ist jetzt fast greifbar. „Ganz einfach: Wir holen uns um den 13. August herum alle linken Zeitungen ...“ „Ähh, igitt, muss das sein“, grummelt es durch den Raum.“ „Ja, Schuldigung, aber das muss sein! Und dann schauen wir, wer zuerst ein gutes Wort über die Mauer schreibt. Wichtig ist, dass Dein Freund von den LINKEN ...“ „Das ist nur ein Bekannter!!!“ „Ja, mein’ ich doch – dein Bekannter von den LINKEN müsste sich dann von dieser Zeitung offiziell distanzieren, so richtig mit Boykottaufruf und Unterschriftenliste im Internet.“ „Grandios“, staunt der FDP-Mann, „die Linken machen eine Medienkampagne gegen linke Medien“, warum fällt mir sowas nicht ein.“ „Ja, das ist wirklich originell“, sinniert der SPD-Vertreter. „Aber ob der   d a r a u f  reinfällt, ich weiß nicht.“ „Klar, das klappt schon, wir versuchens mal – die Idee jedenfalls ist genial!“ Alle klopfen dem SPD-Mann ermunternd auf die Schulter. „Was kann schon schiefgehen?“ Eine erfolgreiche Sitzung geht zu Ende. Zum Abschied erinnert der CDU-Vertreter seine Wahlkampfkollegen noch einmal eindringlich: „Für unser nächstes Treffen brauchen wir natürlich wieder eine gute Idee – wir müssen den Programmparteitag der LINKEN vorbereiten!“

Veröffentlicht in Standpunkt