Gedenken: 35 Jahre Bombenattentat auf kubanisches Flugzeug
Am 6.10.1976 wurde Flug CU 455 der Cubana de Aviacion auf dem Weg vom Flughafen Seawell, Barbados nach Kingston, Jamaika durch zwei Zeitbomben, die im Abstand von fünf Minuten detonierten, zum Absturz gebracht.
Von den 73 Insassen der DC-8 überlebte keiner. Unter den Toten befand sich das komplette kubanische Jugend-Fechtnationalteam, das kurz zuvor in Caracas die zentralamerikanische Meisterschaft gewonnen hatte. Außer den 57 kubanischen Opfern gab es elf guyanische und fünf nordkoreanische Personen, die bei dem Anschlag ihr Leben verloren.
Diese „Fußnote“ aus der Zeit des Kalten Krieges jährt sich zum 35. Mal.
Die Hintermänner des grausamen Attentats sind bekannt. Sie wurden in einem ordentlichen Prozess für schuldig befunden, saßen auch etliche Jahre – in einem Venezuela lange vor Chávez – in Haft, kamen der Gerechtigkeit aber irgendwie abhanden, indem einer von ihnen (Luis Posada Carriles) 1985 mit Hilfe des CIA-Agenten Felix Rodríguez, der Wärter mit 25.000 Dollar bestochen hatte, unbehelligt aus dem Gefängnis herausspazieren konnte, während der andere (Orlando Bosch) 1988 unter großem Jubel der Bevölkerung nach Miami zurückkehrte, nachdem die USA stets Druck auf die venezolanische Regierung ausgeübt hatten, indem sie behaupteten, Boschs Inhaftierung verstoße „gegen die Menschenrechte“.
Beide sind Ikonen der kubanischen Konterrevolution und beide sind geständig. Sie haben sich zwar nie vor einem Gericht, aber wiederholt bei Interviews mit verschiedenen Medien zu der Tat bekannt. Orlando Bosch, der im Frühjahr des Jahres 2011 in Florida verstarb, sagte z.B.: „Jeder, der Castro glorifiziert, verdient den Tod. Und sie (gemeint sind die Fechter und Fechterinnen) hatten ihm ihre Medaillen gewidmet“.
Luis Posada (der, darauf angesprochen, ob er denn angesichts des 6.Oktobers 1976 noch ruhig schlafe, antwortete, er schlafe „wie ein Baby“) wollte in der Universität von Miami eine Rede vor Graduierten halten, was ihm aber verwehrt wurde, als einige Würdenträger dieser Uni das Manuskript gelesen hatten. Dort hieß es unter anderem: „Bush und ich führen Krieg gegen das Böse wie Castro, Saddam Hussein und Hugo Chávez. Es ist unwichtig, ob deren Kinder oder Frauen für unsere noble Sache sterben. Glauben Sie allen Ernstes, dass für mutige Kreuzritter solche Sentimentalitäten eine Rolle spielen?“
Anfang des Jahres stand Posada in El Paso, Texas wegen „Migrationsbetrugs“ vor Gericht. Dass das 13wöchige Verfahren mit einem Freispruch für den Angeklagten endete, kam nicht überraschend. Er hatte in einem Interview mit der New York Times am 12. Juli 1998 gesagt: „Die CIA brachte uns alles bei, wie man Sprengstoff benutzt, wie man tötet, wie man Bomben baut ... sie trainierte uns für Sabotageakte.“
Die Vereinigten Staaten konnten kein Interesse daran haben, dass so einer – frustriert durch einen Schuldspruch – plötzlich anfängt, vor zahlreichen Gerichtsreportern Hochnotpeinliches „aus dem Nähkästchen“ zu plaudern.
Stattdessen wurde der vielfache Mörder Luis Posada in diesem Jahr durch den Bürgermeister von Miamis Bezirk „Hialeah“, wo die ultrakonservative exilkubanische Gemeinde besonders stark vertreten ist, mit dem „Schlüssel der Stadt“ geehrt.
Ulli Fausten