Wandel durch Kultur
Die Internationale Buchmesse in Havanna hat in diesem Jahr einen deutlichen politischen Charakter. Das liegt zum einen an den gewalttätigen Ausschreitungen eines Teils der Opposition in Venezuela, gegen den sich Schriftsteller und Künstler in Havanna täglich aussprechen, um sich mit der gewählten Regierung von Präsident Nicolás Maduro zu solidarisieren. Zum anderen haben sich hochrangige Vertreter des Gastlandes Ecuador in ihren Beiträgen deutlich für den Integrationsprozess der progressiven Staaten und gegen die neoliberale Misswirtschaft ausgesprochen. In zwei Reden, die Ecuadors Botschafter in Havanna, Edgar Ponce, Cuba Sí zur Verfügung gestellt hat, äußern sich der Außenminister des südamerikanischen Landes, Ricardo Patiño, und die Verteidigungsministerin, María Fernanda Espinosa, zu dem Zusammenhang zwischen den Transformationsprozessen in Lateinamerika und kulturellen sowie sozialen Rechten.
"Lateinamerika ist heute ein Gebiet, in dem ein Wandel zugunsten seiner Völker und seiner Menschen stattfindet", stellte Patiño fest: "Diese Umbrüche hängen mit einem radikalen Prozess der staatlichen Umgestaltung zusammen, der in immer mehr Ländern der Region auf Basis eines demokratischen Modells stattfindet, das auf die Teilnahme der Menschen und den Dialog setzt." Der Wandel hänge aber auch mit der Art zusammen, wie politische Macht ausgeübt werde: "transparent, ethisch, verantwortungsvoll und in stetiger Rechenschaft gegenüber den Bürgern", sagte Patiño weiter. "Und neben vielen anderen Bereichen hängen diese Umbrüche auch mit einer klaren Orientierung des Regierungshandelns auf eine wahrhaftige Transformation der Gesellschaft zusammen, ihrer Kultur und ihres Entwicklungsmodells, um auf diese Weise die historische Ungleichheit und die Ausbeutung zu beenden, die zu Lasten von Mensch und Natur bestanden hatten." Dies mache ohne Zweifel das Wesen und die Authentizität des aktuellen demokratischen Prozesses aus, der von den progressiven Regierungen Lateinamerikas vorangetrieben werde.
"Jetzt hat die Existenz des Staates Sinn für sein Volk", bekräftigte der Außenminister. Dieser Sinn entspringe dem Sozialpakt, für den – im Fall Ecuadors – die Verfassung von Montecristi stehe. Sie fordere die staatliche Macht klar dazu auf, in ihren Zielsetzungen die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu garantieren. (...) Heute würden die sozialpolitischen Maßnahmen der Bürgerrevolution (in Ecuador) zugunsten körperlich oder geistig beeinträchtigter Personen oder die Genderpolitik des Plurinationalen Staates Bolivien weltweit mit Aufmerksamkeit wahrgenommen und diskutiert, sagte Patiño weiter. "Sie werden als Beleg dafür gesehen, dass wir neue Wege beschreiten können, um bestehende Ungleichheiten zu besiegen. Dass eine andere Welt fernab des Neoliberalismus möglich ist. Dass die soziale Gerechtigkeit nicht mehr nur eine mobilisierende Utopie ist, um stattdessen zur gelebten Realität zu werden."
Ecuadors Verteidigungsministerin María Fernanda Espinosa drückte bei einer Buchpräsentation im Kulturzentrum des ALBA-Bündnisses in Havanna zurächst ihrer Solidarität mit Kuba aus. "Ich fühle mich sehr geehrt, hier in Kuba zu sein, einem Bruderstaat, der ein Vorbild im Kampf, der Solidarität und des Widerstandes ist", sagte Espinosa, eine in Ecuador bekannte Dichterin: "Kuba war immer ein Bezugspunkt und Leitmodell für uns, die wir Teil der Bürgerrevolution (Ecuadors) sind."
Die Verteidigungsministerin Ecuadors zitierte des ecuadorianischen Dichter Jorge Enrique Adoum: "Ich glaube an ein Land, in dem der Mensch Ausgangspunkt und Ziel der Anstrengungen jener ist, die Gesetze erlassen, und jener, die sie anwenden, und wo die Justiz die Wahrheit sieht, auch wenn wir ihr dafür die Augendbinde herunterreißen müssen, die sie seit tausend Jahren trägt". Dies sei sicherlich das wichtigste Streben in den bisherigen sieben Jahren der Bürgerrevolution gewesen.
Wie bei jedem Prozess des Wandels und der Transformation, sei dieser Weg kein leichter gewesen, fügte Espinosa an: "Es war, im Gegenteil, ein kurviger und schwieriger Weg, den wir mit der Hilfe der Mehrheit der ecuadorianischen Bevölkerung hinter uns gebracht haben. Ein Weg, auf dem wir neue Paradigmen und neue Machtbeziehungen geschaffen haben. (...)" Schließlich nahm die Dichterin und Ministerin auf die Rolle der Kultur bei den gesellschaftlichen Umbrüchen in Lateinamerika Bezug: "Ich bin davon überzeugt, dass es keinen revolutionären Prozess für eine tiefgreifende Veränderung eines Volkes geben kann, ohne dass sich auch die Kultur verändert – sofern sie nicht nur als schmückendes Beiwerk gesehen wird, sondern als ein schlagendes Herz im tiefen Inneren unserer Völker."