21.09.2020 Druckversion

Politisches Schwergewicht treibt europäische Kubasolidarität voran

Heinz Bierbaum hat sich als Vorsitzender der Europäischen Linken zum Ziel gesetzt, den Dialog mit Kuba und die Solidaritätsbewegung auf europäischer Ebene zu stärken.
Heinz Bierbaum, Vorsitzender der Europäischen Linken, Foto: european-left
Heinz Bierbaum, Vorsitzender der Europäischen Linken, Foto: european-left

Bitte stelle Dich und Deine politischen Erfahrungen unseren Lesern kurz vor.

Ich bin Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler, war viele Jahre Sekretär der IG Metall, zuletzt als Bevollmächtigter der IG Metall Frankfurt (Main), anschließend Professor für Betriebswirtschaft an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken. Ich bin von Anfang an Mitglied der LINKEN (bereits zu Beginn der WASG). 2009–2017 war ich Mitglied der Linksfraktion im saarländischen Landtag (parlamentarischer Geschäftsführer), 2009–2012 stellvertretender Parteivorsitzender der Partei DIE LINKE und seit 2015 bin ich Vorsitzender ihrer Internationalen Kommission. Mehrfach nahm ich als Vertreter der LINKEN am Foro de São Paulo teil.

Meine Schwerpunkte sind Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsdemokratie sowie Europapolitik.

Mitglied des politischen Sekretariats der Partei der Europäischen Linken (EL) war ich 2016–2019, Präsident der EL bin ich seit Dezember 2019.

 

Kürzlich wurdest Du zum Vorsitzenden der Partei der Europäischen Linken gewählt, als Nachfolger von Gregor Gysi. Stell‘ uns bitte diese Partei und ihre Aufgaben in Europa vor.

Die EL wurde 2004 in Rom gegründet unter wesentlicher Beteiligung der damaligen PDS. Gegenwärtig umfasst die EL mehr als 30 Mitglieds- und Beobachterparteien. Allerdings gehören ihr nicht alle europäischen Linksparteien an. Auch wenn bedeutende linke Parteien wie die kommunistische Partei Portugals, Podemos aus Spanien, die belgische PTB, die holländische Sozialistische Partei, die schwedische Linkspartei und Sinn Fein aus Irland nicht Mitglieder sind, so ist doch die EL der wichtigste linke Zusammenschluss in Europa.

Die EL ist keine genuine Partei, sie hat eine Koordinationsfunktion. Um dieser nachzukommen, gibt es mehrere Arbeitsgruppen und Netzwerke. Von großer Bedeutung ist die Arbeitsgruppe „Lateinamerika“, wobei besonders die enge Zusammenarbeit mit der lateinamerikanischen Linken hervorzuheben ist, darunter vor allem mit dem Foro de São Paulo, dem wichtigsten Zusammenschluss der lateinamerikanischen Linken. Der Internationalismus spielt eine große Rolle in der EL, was durch die jüngste Gründung einer internationalen Kommission unterstrichen wird.

Meine Zielsetzung ist es, das politische Profil der EL zu stärken, sie sichtbar zu machen und die Zusammenarbeit unter den linken Kräften zu stärken.

Kürzlich hat die EL eine Plattform erarbeitet, um aufzuzeigen, wie man sozial aus der gegenwärtigen Krise kommen kann. Sie hat den Titel: „Die Coronakrise und die Folgen für die europäische Politik.“ Neben Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung, der Forderung nach einer grundsätzlich anderen Wirtschaftspolitik auf europäischer Ebene mit der Zielrichtung der sozial-ökologischen ­Transformation, der Verteidigung der Demokratie und des Engagements für Frieden und Abrüstung ist die Stärkung der internationalen Solidarität ein zentrales Element.

Zur Stärkung der Zusammenarbeit linker Kräfte dient insbesondere das auf dem Kongress der EL 2016 in Berlin beschlossene Europäische Forum linker, progressiver und ökologischer Kräfte. Es fand 2017 zum ersten Mal in Marseille statt, anschließend in Bilbao und Brüssel und für dieses Jahr ist es im November in Athen vorgesehen.

 

Auf dem Parteitag im Herbst letzten Jahres wurde auch eine Resolution zu Kuba verabschiedet. Was sind die Hauptforderungen und an wen richten sie sich?

Auf dem Kongress in Malaga wurde eine Entschließung mit dem Titel „Solidarität mit Kuba, für Demokratie und gegen Neoliberalismus“ verabschiedet. Darin wird die US-Blockade mit ihren verheerenden Wirkungen klar verurteilt und zu einem weltweiten Protest gegen die Blockade aufgerufen. Es werden die antiimperialistischen Tage unterstützt, die auf einem weltweiten Treffen in ­Havanna im November letzten Jahres beschlossen wurden. Insbesondere werden die Regierungen der europäischen Länder und die EU selbst aufgefordert, konkrete Schritte gegen die Blockade zu ergreifen. Stattdessen sollen der Dialog mit Kuba intensiviert und die internationale Solidaritätsbewegung mit Kuba gestärkt werden.

 

Im Frühjahr hat sich im Europäischen Parlament eine Solidaritätsgruppe mit Kuba gebildet. Gibt es eine Zusammenarbeit mit dieser Gruppe, die aus Angehörigen verschiedener Parteien besteht? Welchen Stellenwert hat Kuba im Rahmen der Partei, gibt es weitere geplante Aktivitäten?

Die EL arbeitet mit allen zusammen, die sich für die Solidarität mit Kuba einsetzen. Dazu gehört auch die Solidaritätsgruppe im Europäischen Parlament. Allerdings ist die Zusammenarbeit aufgrund der gegenwärtigen Situation mit den Beschränkungen durch die Covid-19-Pandemie noch begrenzt. Wir stehen in engem Kontakt mit der kubanischen Botschaft in Brüssel.

Die Unterstützung Kubas ist ein Schwerpunkt der EL. Wir arbeiten für die Stärkung der ­internationalen Solidaritätsbewegung und versuchen, Einfluss auf die europäische Politik zu nehmen, um die Haltung der EU gegenüber Kuba zu verändern. Dabei sind durchaus Fortschritte erzielt worden. So ist der reaktionäre „Gemeinsame Standpunkt“ von 1996 einem Kooperationsabkommen zwischen der EU und Kuba gewichen. Allerdings werden die Fortschritte durch den Druck der gegenwärtigen US-Administra­tion mit Präsident Trump, die die Blockade gegenüber Kuba verschärft hat, wieder in Frage gestellt. Um so notwendiger ist es, die weltweite Solidarität mit Kuba zu stärken und jedwede Initiative zu ergreifen, die Blockade zu stoppen. Dies ist für die EL eine zentrale politische Aktivität.

 

Vielen Dank für das Gespräch und auf eine gute Zusammenarbeit im Interesse Kubas!

 

Das Interview führte Angelika Becker, Vorsitzende des Netzwerks Cuba und Mitstreiterin bei Cuba Sí.

Der Beitrag wurde der Revista 1/2020 entnommen.

Veröffentlicht in Aktuelles | Tags: Blockade, DIE LINKE, Europäische Linke, Kuba, Solidarität