18.12.2014 Druckversion

Gerardo, Ramón und Antonio, willkommen zu Hause!

Die Cuban Five sind frei! Gerardo Hernández, Ramón Labañino und Antonio Guerrero sind heute, nach 16 Jahren US-Haft, in ihre Heimat zurückgekehrt. Raúl Castro und Barack Obama kündigten in gleichzeitig gehaltenen Fernsehansprachen eine Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Ländern an.
Willkommen zu Hause!
Willkommen zu Hause! (Foto: Granma)

Was für ein Tag! Für Kuba. Und für die internationale Solidaritätsbewegung. Heute, am 17. Dezember 2014, 12 Uhr Ortszeit (18 Uhr in Deutschland), haben der Präsident der Republik Kuba, Raúl Castro, und der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, in parallel gehaltenen Fernsehansprachen die Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Ländern angekündigt. Kuba und die USA wollen die Zusammenarbeit bei Themen wie z.B. Umweltschutz, Einwanderung oder Drogenbekämpfung ausbauen. Sie wollen wieder diplomatische Beziehungen aufnehmen und Botschaften in Havanna und Washington eröffnen. Obama kündigte eine Lockerung von Blockadebestimmungen an, sprach von Reiseerleichterungen für US-Bürger nach Kuba, von Verbesserungen bei Geldüberweisungen auf die Insel, vom Ausbau der Handelsbeziehungen. Und er wolle sich für die vollständige Aufhebung der vor 52 Jahren verhängten Blockade gegen Kuba einsetzen.

Die USA wollten einen „veralteten Ansatz beenden, der uns über Jahrzehnte nur Nachteile beschert hat“, so Obama. Diese Worte sind das Eingeständnis des Scheiterns der bisherigen US-Politik gegenüber Kuba und die größte Veränderung in der Kuba-Politik der USA seit mehr als 50 Jahren. Dieser 17. Dezember 2014 ist ohne Übertreibung ein historischer Tag.

„Seit meiner Wahl zum Präsidenten des Staats- und Ministerrates“, so der kubanische Präsident Raúl Castro in seiner Rede, „habe ich bei den verschiedensten Gelegenheiten unsere Bereitschaft wiederholt, mit der Regierung der Vereinigten Staaten einen respektvollen Dialog auf Augenhöhe aufrechtzuerhalten, der verschiedene Themen von beiderseitigem Interesse behandelt, ohne die nationale Unabhängigkeit und die Selbstbestimmung unseres Volkes zu beeinträchtigen.“ Raúl Castro dankte in seiner Fernsehansprache Papst Franziskus und dem Vatikan sowie der Regierung Kanadas für deren Vermittlerrolle. Lobende Worte fand der kubanische Präsident auch für Barack Obama. Dieser habe die ihm zur Verfügung stehenden politischen Möglichkeiten in seinem Land genutzt, um eine Verbesserung der Beziehungen zu Kuba einzuleiten.

Das erste Zeichen für den Willen, die zwischenstaatlichen Beziehungen zu verbessern, war die Freilassung der letzten drei kubanischen Patrioten, Gerardo Hernández, Ramón Labañino und Antonio Guerrero, die seit 1998 in US-Gefängnissen eine ungerechte Strafe absitzen mussten. Die Freude darüber ist in Kuba und bei allen Kubafreunden auf der ganzen Welt groß – aber die Ungerechtigkeit von 16 Jahren Haft bleibt im kollektiven Gedächtnis. Kuba hat im Gegenzug mehrere Gefangene freigelassen, u.a. auch Alan Gross, der in Kuba wegen Spionage zu 15 Jahren Haft verurteilte worden war.

Die Ereignisse des heutigen Tages sind für das sozialistische Kuba ein enormer politischer Erfolg, zu dem auch die internationale Solidaritätsbewegung ihren Teil beigetragen hat. Diese Ereignisse haben der Welt gezeigt, dass man politische Auseinandersetzungen erfolgreich führen kann, ohne eigene Positionen und Prinzipien aufzugeben. Die wirtschaftliche Stabilisierung Kubas, die gewachsene politische Position Kubas in der lateinamerikanischen Völkerfamilie sowie die neuen Kräfteverhältnisse in der Region haben die USA gezwungen, sich auf Kuba zuzubewegen und ihre seit über 50 Jahren unverändert harte Position gegenüber dem sozialistischen Land zu ändern.

Aber Vorsicht: Die USA sind weit davon entfernt, ihr Ziel eines „Regime change“ in Kuba aufzugeben. „Die Isolation hat nicht funktioniert“, hat Obama gesagt, und die ehemalige Außenministerin Hillary Clinton, die sich in ihrer Biografie auch für ein Blockadeende ausgesprochen hatte, sagte vor kurzem, die Blockade sei „Castros bester Freund“ und „nicht länger nützlich für die amerikanischen Interessen oder um einen Systemwechsel auf der kommunistischen Insel“ herbeizuführen.

Den heutigen Willensbekundungen und ersten Maßnahmen Obamas müssen weitere Taten folgen. Die Blockade existiert nach wie vor und kann als US-Bundesgesetz nur über den parlamentarischen Weg beendet werden. Verbleibt Kuba auf der Liste der „Schurkenstaaten“? Wie oft werden wir noch von Enthüllungen über Geheimdienstaktionen gegen Kuba zur Unterwanderung seines Gesellschaftsmodells lesen müssen, wie z.B. über den Fall „ZunZuneo“ oder die kürzlich bekanntgewordene Einflussnahme auf kubanische Musiker? Wie lange wird es noch US-amerikanische Abwerbeprogramme für kubanische Ärzte geben? Wie lange noch werden im US-Haushalt Millionensummen für Aktionen gegen Kuba eingeplant? Wird es die von Obama bei seinem Amtsantritt angekündigte Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo geben, und wann wird dieser von den USA beanspruchte Teil des kubanischen Territoriums endlich an Kuba zurückgegeben?

Wichtige Fragen für die nächsten Schritte auf dem Weg der Entspannung werden sein: Bis zu welchem Punkt lassen die politischen Eliten der USA und die extremen Rechten in Miami ihren Präsidenten in seiner verbleibenden Amtszeit agieren, um die Beziehungen zu Kuba zu normalisieren? Und: Wird ein neuer US-Präsident den eingeschlagenen Weg fortführen?

Auch die Europäische Union wird auf die neue Situation reagieren müssen. Sie sollte nach den Ereignissen des heutigen Tages die Chance erkennen und wahrnehmen, ihren „Gemeinsamen Standpunkt“ zu Kuba endlich aufzugeben und eine eigenständige Kuba-Politik zu beiderseitigem Vorteil zu entwickeln. Die Bundesrepublik Deutschland als starkes EU-Land trägt eine besondere Verantwortung für die politische Ausrichtung des europäischen Staatenbündnisses. Auch sie wird nicht daran vorbeikommen, ihre Haltung zu Kuba zu überdenken und zu verändern. Kubas Position in den laufenden Vertragsverhandlungen mit der EU ist mit dem heutigen Tag um vieles stärker geworden.

Cuba Sí gratuliert dem kubanischen Volk und seiner Regierung zu diesem großen politischen Erfolg. Wir werden in der solidarischen Unterstützung Kubas nicht nachlassen.

¡Viva Cuba! ¡Viva la solidaridad!

Koordinierungsrat der AG Cuba Sí, 17. Dezember 2014

 

Fotos von der Heimkehr der 3 kubanischen Helden Gerardo, Antonio und Ramón und ihrem Wiedersehen mit ihren Familien können in dieser Fotogalerie betrachtet werden.

 

 

Veröffentlicht in Gegen die Blockade | Tags: Blockade, Cuban 5, Medien, Menschenrechte, Solidarität, Terrorismus