20.02.2012 Druckversion

Der Fall Alan Gross: Weder dumm noch unschuldig

Enthüllt: Der US-Amerikaner handelte entgegen seiner Beteuerung im Auftrag seiner Regierung
Der Fall Alan Gross: Weder dumm noch unschuldig

Nach Monaten, in denen die Regierung der USA alles tat, um die Gründe Kubas geheim zu halten, die zur Verhaftung von Alan Gross wegen Aktionen gegen die Unabhängigkeit der Insel führten, und um das Bekanntwerden der Verantwortlichkeit der Vereinigten Staaten für diesen Fall zu verhindern, hat jetzt die Wahrheit einen Weg in die internationale Presse gefunden. Hunderte Kommunikationsmedien, gedruckt oder digital, viele von ihnen in den USA, verbreiteten in dieser Woche (am 12. und 13. Februar 2012 - d. Ü.) vollständig oder in Auszügen den Inhalt eines ausführlichen Textes der US-amerikanischen Nachrichtenagentur AP, der klar beweist, dass Gross kein „dummer, unschuldiger Betrogener“ ist, so wie er sich selbst in seinem Strafprozess dargestellt hatte. Der Text des Journalisten Desmond Butler mit dem Titel: „USAID contractor work in Cuba detailed“ (Die Arbeit des Auftragnehmers der USAID im Detail) wurde von über hundert Presseorganen aufgegriffen, ebenso wie Artikel anderer Medien zu diesem Thema, wie eine Treffergrafik von Google zeigt.

Die AP-Nachricht bestätigt, dass Gross die Illegalität seines Handelns zu jeder Zeit sehr bewusst war, ausgestattet mit Technik, die nach Expertenmeinung üblicherweise von „der CIA und vom Pentagon benutzt wird, um die elektronische Aufdeckung von Telefonsignalen zu verhindern“. Berichte von den fünf Reisen des Agenten nach Kuba, zu denen die US-amerikanische Agentur Zugang hatte, belegen: Gross wusste sehr wohl, dass seine Aktivitäten illegal waren, und er fürchtete die Konsequenzen, einschließlich der Ausweisung aus dem Land. Ein Dokument, das AP vorliegt, präzisiert sogar, dass eine Person, die mit Gross zusammengearbeitet hatte, klar und deutlich zum Ausdruck brachte „dass wir mit dem Feuer spielen“. Bei anderer Gelegenheit, so der Artikel, hatte Gross festgestellt, dass man sich mit einer „sehr riskanten Angelegenheit“ befasse, und dass „die Entdeckung der Satellitensignale eine Katastrophe“ wäre.

Alan Gross wurde im März 2011 zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, weil bewiesen wurde, dass er auf illegale Weise - und als Teil eines von den USA geleiteten Regierungsprogramms - Kommunikationsmedien nach Kuba gebracht hat, um interne Netze zu schaffen, um so destabilisierende Aktionen zu unterstützen und die verfassungsmäßige Ordnung in dem karibischen Land zu untergraben. Im August haben der Schuldige und sein Anwalt dieses Urteil des Provinzgerichts angefochten, aber das Oberste Gericht lehnte die Berufung ab. Trotz alledem hat die kubanische Regierung der US-Regierung ihre Bereitschaft signalisiert, eine humanitäre Lösung auf gleichberechtigter Basis im Fall Gross zu finden.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt hatte die US-amerikanische Presse Gross als einen harmlosen älteren 62-jährigen Herren präsentiert, der unschuldig in Kuba verurteilt wurde, weil er lediglich beabsichtigt habe, der jüdischen Gemeinde in Kuba die technischen Mittel für einen Zugang zum Internet zu spenden. Der AP-Artikel legte aber Gegenteiliges offen: Der Vorstand der jüdischen Gemeinde hatte erklärt, über die Verbindungen Gross´ zur US-Regierung nicht Bescheid zu wissen und außerdem versichert, bereits einen Internetanschluss zu besitzen. Tatsächlich verfügten die Synagogen schon lange vor Gross´ Ankunft über einen Zugang zum sogenannten „Netz der Netze“.

„Selbstverständlich ist das eine verdeckte Aktion“, so sieht es Robert Pastor, Lateinamerikaberater in der Regierung von Ex-Präsident James Carter und gegenwärtig Direktor des Zentrums für Demokratie und Wahlen an der Amerikanischen Universität in Washington. AP zitiert Pastor auch dahingehend, dass er überzeugt davon sei, dass die Betätigung von Gross in Kuba auf die „Herbeiführung eines Regimewechsels“ gerichtet war. Die Operation wurde finanziert durch die „United States Agency for International Development“ (USAID), einer 1961gegründeten US-amerikanischen Institution, die - glaubt man Washington - ökonomische, humanitäre und Entwicklungshilfe rund um den Globus leistet im Hinblick auf die Ziele der Außenpolitik des Weißen Hauses. Ungeachtet dieser Tatsache identifizierte sich Gross, um nach Kuba zu gelangen, als Mitglied einer humanitären jüdischen Gruppe und nicht als Repräsentant der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, präzisiert AP.

Laut Bericht der Presseagentur ist die Firma von Gross namens JBDC Inc. spezialisiert auf die Einrichtung von Internetverbindungen an entlegenen Orten wie Irak oder Afghanistan. Sie wurde von der Development Associates Internacional Inc. (DAI) in Bethesda (Maryland, USA) unter Vertrag genommen, die wiederum mit der USAID einen Multimillionenvertrag abgeschlossen hatte, um in Kuba zu agieren.

Die Berichte, die AP durch einen Informanten vorliegen, der wegen der Brisanz der Information nicht genannt sein will, enthalten Details der Reise des Agenten 2009 nach Kuba und belegen seine Bemühungen, einer Entdeckung durch die kubanischen Behörden zu entgehen. Um die Kontrollen am Flughafen bei der Einreise zu umgehen, hebt der Artikel hervor, bat Gross US-amerikanische Bürger jüdischen Glaubens um Hilfe, um die elektronischen Geräte Stück für Stück ins Land bringen zu können. Diesen Helfern gab er Anweisungen, die Geräte - von denen einige in Kuba verboten sind - besser im Handgepäck anstatt in den aufgegebenen Gepäckstücken zu verstauen. „Bei einer Gelegenheit fuhr er sieben Stunden mit dem Auto, um sich nicht den Sicherheitskontrollen an jenem Flugplatz aussetzen zu müssen“, heißt es im Text.

Bei seiner letzten Reise führte er außerdem eine sogenannte diskrete SIM-Karte mit sich - eine elektronische Karte, die Warnungen geben kann, wenn eine Übertragung per Satellitentelefon entdeckt werden könnte. Dieser SIM-Karten-Typ, den Gross mitgebracht hatte, ist nicht auf dem freien Markt erhältlich und wird nur Regierungen zur Verfügung gestellt, so erklärten es ein Beamter einer Satellitentelefongesellschaft und ein Ex-Beamter des US-amerikanischen Geheimdienstes, die diesen Chip-Typ benutzt hatten. Die Beamten, die wegen dieser sensiblen Informationen anonym bleiben wollen, sagten, dass diese Chips üblicherweise an das Verteidigungsministerium und an die CIA geliefert werden, jedoch sind sie auch erhältlich für jene Institutionen des Staates, die die USAID kontrollieren, hebt der AP-Artikel hervor.

Als man den Sprecher der USAID, Drew Bailey, fragte, wie Gross an dies SIM-Karte gekommen sei, beschränkte er sich auf die Aussage, dass die Agentur keine Rolle bei der Hilfe zur Beschaffung seines Equipments spielte. „Wir sind eine Entwicklungsagentur und kein Geheimdienst“, so Drew Bailey.

Vor dem Aushändigen der Geräte an die Empfänger in Kuba gab der Agent in seinen Aufzeichnungen zu, dass der Gebrauch der Telefone mit Satellitenverbindung zum Internet „problematisch werden könnte, wenn man sich ihnen nähert, um sie aufzuspüren“.

Kuba vertritt den Standpunkt, dass die Betätigung von Gross als Agent der US-Regierung Teil der Strategie Washingtons ist, um die politische und soziale Ordnung des karibischen Landes zu unterwandern. Diese Strategie beinhaltet unter anderem den sogenannten Plan Bush oder die „Kommission für die Unterstützung eines freien Kubas“ und wurde durch den ehemaligen republikanischen Präsidenten George W. Bush am 6. August 2004 in Kraft gesetzt.

Der Plan sieht unter anderem auch die Verschärfung der Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade, die Förderung der inneren und äußeren Konterrevolution und die Propaganda gegen Kuba vor und wird Jahr um Jahr mit Millionensummen gefördert.

Nach US-amerikanischen Quellen, schreibt AP, sagen Kenner des Vertrages, der Gross nach Kuba führte, dass dieser als „Subunternehmer der USAID“ eine halbe Million Dollar für seine Arbeit erhielt. Der erste Besuch auf der Insel im April 2009 diente dem Zweck, technische Ausrüstung einzuführen und ein erstes von drei Zentren mit einem unbegrenzten Zugang zum Internet einzurichten. „Seine Helfershelfer sollten Einzelteile in ihrem Handgepäck mitbringen, und zwar so, dass jede Frage nach diesen Teilen schon beim Röntgen des Gepäcks am Security-Check beantwortet werden könne, und nicht beim Zoll. Das Material wurde Gross später in seinem Hotel in Havanna ausgehändigt“, schreibt AP.

Bei seiner vierten Reise führte er drei BGAN-Satellitentelefone und andere Geräte mit sich, deren Import nach Kuba verboten ist. „Gross schrieb, wie er die BGANs in einem Rucksack schmuggelte. Er hoffte, die Zollbeamten täuschen zu können, indem er die Markenbezeichnung „Hughes“ des Herstellers Inmarsat mit einem Klebestreifen überklebte. Inmarsat ist der Serviceanbieter für Satellitenkommunikation via Internet, so der Bericht der US-amerikanischen Presseagentur.

Trotz aller erwiesenen Machenschaften zur Täuschung der kubanischen Behörden und der offenkundigen Beweise zur Überführung von Gross sah dieser sein bewusstes und vorsätzliches Handeln in der mündlichen Verhandlung nicht ein. „Ich bedaure zutiefst, ein unschuldiger Dummkopf gewesen zu sein, ich wurde betrogen, man hat mich benutzt“, führte Gross an. Der Sprecher der Firma DAI, Steven O'Connor, erklärte dagegen: Es war Gross persönlich, der „diesen Auftrag für die Firma entwickelt, vorgeschlagen und ausgeführt hat.“

Von Enrique Torres (gefunden auf der Website von Prensa Latina, Kuba, 17. Februar 2012)

Übersetzung: Jörg Rückmann

Quelle: Prensa Latina

Veröffentlicht in Aktuelles | Tags: Konterrevolution, Terrorismus, US-Regierung