23.04.2016 Druckversion

Der 7. Parteitag der PCC

Rückblick auf den 7. Parteitag der KP Kubas (16. bis 19. April 2016) in Havanna. Auf dem Programm standen eine Zwischenbilanz der Leitlinien der Wirtschafts- und Sozialpolitik von 2011, eine Theoriedebatte über die Entwicklung des Sozialismus in Kuba sowie die Wahlen zum neuen Zentralkomitee und zum Politibüro.
Der 7. Parteitag der PCC

Das Datum des Parteitages war symbolträchtig gewählt: Kuba gedachte in diesen Tagen des Sieges über die Söldnerinvasion in Playa Giron. Vor 55 Jahren – nach den ersten Bombardierungen kubanischen Territoriums hatte Kuba zudem den sozialistischen Charakter seiner Revolution erklärt.

Die 993 Delegierten, die als Vertreter der über 600 000 Mitglieder der PCC nach Havanna gekommen waren, berieten über die Umsetzung der 2011 beschlossenen Leitlinien zur Wirtschafts- und Sozialpolitik und deren Fortführung bis 2021, über einen Perspektivplan bis 2030 sowie über eine Konzeption der Weiterentwicklung des kubanischen Modells des Sozialismus. Die konkreten Ergebnisse und Folgen der viertägigen Beratungen werden sicher erst in den kommenden Monaten erkennbar sein. Trotzdem gehen vom Parteitag klare Botschaften aus, die auch die Debatten der Linken in aller Welt beeinflussen dürften.

Raúl Castro erklärte in seiner Bilanzrede, dass die wirtschaftlichen Veränderungen in Kuba auch in Zukunft ohne Schocktherapien und nicht nach neoliberalen Fahrplänen organisiert würden. Eine Konzentration von Eigentum und Reichtum werde Kuba auch künftig nicht ­zulassen. Teil der „Aktualisierungen“, so der Parteivorsitzende, seien weiterhin die Bewahrung und Entwicklung der sozialen Errungenschaften, so zum Beispiel der Zugang zu Bildung, zu Kultur und Sport und im Bereich Gesundheit. Kuba wird auf dem Weg der ökonomischen Entwicklung niemanden zurücklassen. Es gehe darum, den Sozialismus zu stärken und nicht darum, dem Kapitalismus eine Hintertür zu öffnen. Der private Sektor der kubanischen Wirtschaft solle ­ausgebaut, dürfe aber niemals zu ihrer Basis werden, da das soziale System eines Landes von der Vorherrschaft einer Eigentumsform über andere abhänge, erklärte Raúl Castro. Diese Position wurde auf dem Parteitag nicht in Frage gestellt – von ihrer konkreten Umsetzung wird abhängen, ob sich das kubanische Gesellschaftsmodell in der neo­liberalen Gegenoffensive als Alternative behaupten kann. Die Planung offener Debatten über Werte und Ziele der Gesellschaft, vor allem mit Jugendlichen und Beschäftigten des nichtstaatlichen Sektors, zeigen: Kuba nimmt die Gefahr einer Zerstörung der Revolution von innen sehr ernst.

Raúl Castro benannte auch sehr deutlich die Problemfelder des ­gegenwärtigen Entwicklungsprozesses, so z. B. die immer noch existierenden zwei Währungen, die zu niedrigen Einkommen und Renten, mangelnde Arbeitsorganisation und die oft fehlende Disziplin.

Der 7. Parteitag der PCC war nicht wie der vorige ein Kongress der grundsätzlichen Weichenstellungen, sondern in erster Linie eine ­Arbeitstagung und eine Zwischenbilanz über die 2011 eingeleiteten Maßnahmen und zur Entwicklung von Konzepten für den Kurs des Landes in den nächsten 15 Jahren.

So war – anders als 2011 – die Vorbereitung des Parteitages keine breite Debatte im ­ganzen Land. Die Diskussionen im Vorfeld des ­Parteitages fanden in den Sitzungen des Zentralkomitees ­sowie unter den gewählten Delegierten und Vertretern der Gewerkschaft, des ­Jugend- und des Frauenverbandes und weiterer Organisationen statt. Die eingebrachten Vorschläge flossen dann in die Dokumente des Parteitages ein.

Beschlossen wurde auf dem Parteitag auch, über die programma­tischen Dokumente mit den Mitgliedern der Partei, dem Jugend­verband UJC, den Vertretern der Massenorganisationen und mit verschiedenen Sektoren der Gesellschaft eine breite und demokratische Debatte zu führen. Dieser Diskussionsprozess wird bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Interessant bei den Beratungen des Parteitages war auch die Erwähnung der Militärdoktrin des Volkskrieges, die Ankündigung landesweiter Manöver und der Mobilisierung großer Teile der Bevölkerung. Das deutet darauf hin, dass Kuba eventuellen Feindselig­keiten von ­außen nicht unvorbereitet ausgeliefert sein will.

Die von vielen Medien als „Abschiedsrede“ heruntergespielte Ansprache Fidel Castros – „Fidel Castro verabschiedet sich von seinen Getreuen“ (Süddeutsche Zeitung), „Auf Kuba endet die Zeit der Revolutionäre“ (NTV) – war ­tatsächlich eine eindringliche Warnung vor den letztendlich die Existenz der Menschheit bedrohenden Konsequenzen westlicher Politik. Die ­Alternative ­dazu umschrieb der Comandante en Jefe mit dem Bekenntnis zum marxistisch-leninistischen Charakter der Partei. In Kuba wird Fidels Botschaft verstanden, wie Äußerungen in Leserbriefen und Onlineforen zeigen.

Auf den Punkt gebracht lautet die Botschaft des Parteitags: Kuba versucht, bei schwerer See und aufziehendem Sturm Kurs zu halten. Dabei werden sowohl die erfahrenen alten Navigatoren und Steuermänner als auch die jungen, frischen und von ihnen lernenden Offiziere und Seeleute gebraucht. In den Debatten wurde deutlich, dass sich das Land dabei auch seiner Rolle und Verantwortung für die Menschen in der Region bewusst ist. Für deren Zukunft sind die von Washington unterstützten Putschversuche der alten Oligarchien eine größere Bedrohung als Cholera, Dengue, AIDS und das Zika-Virus. Das sozialistische Kuba steht wieder einmal für die Hoffnung, dass eine bessere Welt möglich ist.

Neben den auch international mit großem Interesse beobachteten politischen Debatten wählte der Parteitag auch ein neues Zentral­komitee und ein neues Politbüro. Der 7. PCC-Parteitag wird der letzte sein, der von der historischen Generation geleitet wird, die, wie Raúl Castro betonte, der Jugend die Banner der Revolution und des Sozialismus ohne das geringste Anzeichen von Trauer und Pessimismus übergeben wird, in dem Stolz, ihre Aufgaben erfüllt zu haben, und überzeugt davon, dass diese es verstehen wird, das revolutionäre Werk, für das seit 1868 viele Landsleute ihre Kraft und ihr Leben gegeben haben, erfolgreich fortzuführen.

Das Zentralkomitee besteht weiterhin aus 142 Mitgliedern, von ­denen etwas mehr als zwei Drittel nach dem Sieg der Revolution ­geboren wurden. Das Durchschnittsalter reduziert sich auf 54,5 Jahre und ist niedriger als 2011. Gleichzeitig beschloss der Parteitag, eine reduzierte Gruppe von Veteranen der historischen Generation mit ­hohem Alter in der Parteiführung zu belassen, die wegen ihres langen revolutionären Lebensweges Autorität in der Bevölkerung genießen.

Das Politbüro setzt sich aus 17 Mitgliedern zusammen, fünf davon sind neu in dieses Gremium gewählt worden. (Quellen: amerika 21; junge Welt)

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